Rainer Maria Rilke lernte Nanny Wunderly-Volkart 1919, kurz nach seiner Ankunft in der Schweiz, kennen. Es entwickelte sich eine rege Korrespondenz zwischen den beiden Briefpartnern und Nanny Wunderly-Volkart wurde zu einer wichtigen Bezugsperson und engen Vertrauten Rilkes bis zu seinem Tod im Jahre 1926.
Existentielle Sorgen, alltägliche Bedürfnisse
Rilkes Briefe haben eine doppelte Funktion: Sie sind ein Mittel der Kommunikation, besitzen aber auch eine literarische Qualität und stehen manchmal in direkter Verbindung zu dichterischen Motiven. Die 470 Briefe des Dichters an die Meilemer Empfängerin nehmen in Rilkes Korrespondenz eine Schlüsselstellung ein. Sie sind eines der wichtigsten Zeugnisse für Rilkes letzte Jahre, insbesondere für seinen Walliser Aufenthalt im Château de Muzot oberhalb von Sierre, wo der Dichter seine Meisterwerke, den Grossteil der Duineser Elegien und die Sonette an Orpheus verfasste. Die Ausstellung zeigt die inhaltliche Vielfalt seiner Briefe, welche von existentiellen Sorgen als auch von allerlei alltäglichen Bedürfnissen zeugen.
Die ausgewählten Briefstellen lassen dabei einen wenig bekannten, humorvollen Rilke entdecken. Der Dichter wusste, dass er immer auf Nanny Wunderly-Volkart zählen konnte. Sie war es denn auch, der Rilke seine letzten Bestimmungen anvertraute, worin er unter anderem der Veröffentlichung aller seiner Briefe zustimmte.
Rilke war ein reger Briefschreiber. Die Anzahl seiner Briefe wird auf rund 10‘000 geschätzt, etwa 8‘500 davon sind uns bis heute bekannt. Es tauchen häufig bisher unbekannte Briefe auf, die wichtige Informationen über den Dichter liefern. Rilkes Briefe an Nanny Wunderly-Volkart sind zweisprachig geschrieben, Deutsch und Französisch. In französischer Sprache hat Rilke im Wallis sogar gedichtet. Die Originalbriefe sind im Schweizerischen Literaturarchiv in Bern aufbewahrt und veröffentlicht wurden sie 1977 in einer zweibändigen Ausgabe. Die Briefe von Nanny Wunderly-Volkart an Rilke sind unveröffentlicht.