- Von Laura Hohler
Bei warmen Temperaturen besuchten Cineasten das bis auf den letzten Platz besetzte Open-Air-Kino im Xenix im Kreis 4. Nach etwas Verzögerung, weil einige Filmfans für kalte Getränke und Glacen anstehen mussten, startete am Mittwoch vergangener Woche die Vorführung des bekannten italienischen Klassikers «Lo Straniero» aus dem Jahr 1967 gegen halb zehn Uhr am Abend.
Die Zuschauerinnen und Zuschauer sassen eng beisammen, als die Sonne unterging und der Film begann. Nach rund einer Stunde gab es eine kurze Pause. Auch um das Kanzleiareal herum waren viele Menschen auf den Strassen, die den lauen Sommerabend genossen.
Kino wie vor Corona
Im Vergleich zum letzten Sommer war Corona dieses Jahr kein Thema beim Open-Air-Kino. Niemand trug mehr Schutzmasken, Abstandsregelungen oder Registrierung der persönlichen Kontaktdaten gab es keine mehr.
Der Drang, wieder unbeschwert draussen zu sein und ohne Angst neben fremden Leuten zu sitzen, war deutlich spürbar und verlieh dem Abend eine besondere Atmosphäre.
Teilnahmslos durchs Leben
Die italienisch-französisch-italienische Koproduktion «Lo Straniero» von Luchino Visconti ist eine Adaption des existenzialistischen Romans «Der Fremde» von Albert Camus, den er 1942 veröffentlicht hat.
Das Drama spielt in einer Zeit Mitte der 1930er-Jahre im französisch kontrollierten Algerien. Der Protagonist Arthur Meursault, gespielt von Marcello Mastroianni, ist ein gleichgültiger, desinteressierter, jedoch attraktiver Mann, der Gut und Böse nicht unterscheiden kann.
Bereits zu Beginn des Films erfährt er, dass seine entfremdete Mutter im Altersheim an Krebs gestorben ist. Emotionslos und völlig abwesend nimmt er an ihrer Beerdigung teil.
Meursault wandert durch sein Leben, ohne wirklich daran teilzunehmen. So sagt er auch seiner hingebungsvollen Freundin Marie Cardona, gespielt von Anna Karina, dass er sie eigentlich nicht liebe. Dies spiele aber keine Rolle, und heiraten könne man trotzdem.
Viscontis Charaktere sind entweder gezielt gleichgültig oder vollkommen holzschnittartig gezeichnet. Vor allem die Frauen agieren stets als passive Wesen im Hintergrund. «Der Fremde» Franzose Meursault ist sowohl fremd in der Stadt, in der er wohnt, als auch darin, wenn es um zwischenmenschliche Beziehungen geht.