- Kolumne von Dr. Philipp Gut
Heucheln scheint das neue Hobby der internationalen Politprominenz zu sein. Der deutsche Kanzler Olaf Scholz (SPD) machte Schlagzeilen, weil er sich mit seinem Ministerkollegen Robert Habeck (Grüne) ablichten liess, wie er ohne Maske in der Welt herumfliegt. Gleichzeitig gilt für alle anderen eine Maskenpflicht an Bord. Die Deutschen gehen sogar auf die zum Lufthansa-Konzern gehörende Swiss los, weil sie als in der Schweiz domizilierte Gesellschaft Schweizer Recht anwendet, das weniger maskenversessen ist als das deutsche.
Doppelmoral an der Downing Street
Der konservative britische Noch-Premierminister Boris Johnson feierte mitten in der Corona-Zeit rauschende Partys und setzte sich dabei über die von der eigenen Regierung erlassenen Vorschriften hinweg.
Auch in der Schweiz gibt ein aktueller Fall von heuchlerischer Doppelmoral zu reden: Bundesrat Alain Berset wehrte sich mit Händen und Füssen gegen eine geplante Handyantenne an seinem Wohnort, während der Bundesrat gleichzeitig den Ausbau des Mobilfunknetzes als strategische Aufgabe pusht («Mit 5G und Glasfaser zur Hochbreitband-Gesellschaft in der Schweiz»).
«Prinzessinnen kacken nicht»
Um nicht missverstanden zu werden: Ich halte das autoritäre Durchregieren unter dem Vorwand der Pandemiebekämpfung für verfehlt. Die Verhältnismässigkeit und andere rechtsstaatliche Grundsätze wurden reihenweise missachtet, für die einschneidenden Massnahmen fehlten vielfach die wissenschaftliche Evidenz und die objektive Notwendigkeit.
Freiheit als Richtschnur
Nur: Es kann und darf nicht sein, dass für die Politiker andere Gesetze gelten als für die Bürger. Die Bundesregierung befeuert die Hetze gegen «Maskenverweigerer» und findet es offenbar für selbstverständlich, dass für sie im Regierungsflieger die Maskenpflicht nicht gelte. Eine russische Redewendung sagt: «Prinzessinnen kacken nicht – und wenn, dann mit Meringues». Offenbar atmen Minister auch eine andere Luft als der Rest der Bevölkerung.
Man könnte die Sache auch umdrehen: Wie wär’s, wenn die Damen und Herren Politiker ihren Freiheitsdrang, den sie privat ausleben, zur Richtschnur ihrer politischen Tätigkeit nehmen würden?