Der «Baum des Jahres 2022» leidet unter den häufigen trockenen Sommermonaten. Wie reagieren die Hüter und Pfleger des Waldes, die Forstleute, darauf?
Die Buche hat die Fähigkeit in der Jugend im Schatten zu gedeihen und im Alter Schatten zu werfen. Sie ist sehr verjüngungsfreudig und ist bis anhin eine der konkurrenzstärksten Baumarten in Mitteleuropa, so auch in der Schweiz. Die Mutter des Waldes – so wird sie manchmal genannt – liebt tiefgründige, kalkhaltige, lockere und gut mit Wasser durchtränkte Böden. Eine stolze Rotbuche benötigt an warmen Sommertagen mehrere hundert Liter Wasser am Tag. Mit ihrer herzförmigen Wurzel nimmt sie das Wasser auf und pumpt dieses durch das Leitsystem in ihrem Stamm und Äste in Richtung der Blätter.
Wassermangel verursacht Stress
Ist längere Zeit zu wenig Wasser vorhanden, ist die Buche gestresst. Sie drosselt die Verdunstung über ihre Blätter. So können sich die Buchenblätter auch im Sommer herbstlich verfärben und zum Teil sogar abfallen. Bei anhaltender Trockenheit findet eine Entleerung des Wasserleitsystems des Baumes statt und die Krone der Buche verdorrt. «Ja, ein trauriges Bild», erklärt Thomas Kuhn. Er ist Förster des Reviers Bülach-Höri-Hochfelden. Bereits im letzten Jahr musste er mit seinem Team entlang von Strassen viele Buchen am Waldrand aus Sicherheitsgründen schlagen. Es handelte sich dabei um mehrere Hundert Kubikmeter Holz.
Standortabhängige Resilienz
Haben die Forstleute Angst, die Buche in den Wäldern zu verlieren? «Nein, das haben wir nicht», erklärt der Kreisforstmeister, Stefan Rechberger.
Der Forstkreis 6 umfasst 21 Gemeinden in den Regionen Kloten, Bülach, Rafzerfeld und Embrachertal. In diesem rund 5’530 Hektaren grossen Waldgebiet gehören 26 Prozent zur Baumart Buche. Viele dieser Buchen sind nach wie vor vital, so auch im Forstrevier Bülach. Es kommt, gemäss den zwei Fachpersonen, darauf an, auf welchen Waldböden die Bäume wachsen. Die Buche – aber auch andere Baumarten wie zum Beispiel die Fichte – haben Mühe, auf Kiesböden gesund zu bleiben. Diese Böden haben keine hohe Wasserspeicherkapazität. Der Wasservorrat ist in trockenen Sommermonaten schnell verbraucht. Dabei ist auch die regional unterschiedliche Regenmenge zu beachten. Eine extreme Veränderung ist in den Jura Wäldern der Ajoie im Gange. Der Boden ist in dieser Region sehr kiesig und die Niederschlagsmenge sehr gering. Das Resultat dieser Kombination ist ein aktuell starkes, unübersehbares Buchensterben. Im Jahr 2019 bestätigten Felduntersuchungen das Volumen von mehr als 200’000 Kubikmeter verdorrten oder absterbender Buchen.