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14.11.2022

«Man muss Dinge in Frage stellen»

Gut gelaunt: Marco Rima Bild: zVg
Er wurde als Corona-Leugner gebrandmarkt - und in die Ecke der Verschwörungstheoretiker gedrängt. Nun kehrt Marco Rima (61) mit einem neuen Comedy-Format zurück.

Marco Rima, Sie melden sich mit einem Comedy- und Satire-Programm auf Youtube zurück. Was bewegt Sie zu diesem Schritt?

Das Schreiben ist für mich wie ein Ventil. Es geht für mich darum, Farbe zu bekennen – in einem leichten und süffigen Tonfall. Ich will mich über den Zeitgeist lustig machen und die Unzulänglichkeiten der Menschen verspotten; auch meine eigenen. Aber ich will auf keinen Fall moralisch oder ideologisch wirken. 

Sie sorgten zuletzt aber vor allem mit Ihren politischen Statements für Aufsehen…

… das wurde stark übertrieben. Ich bin stolz, ein Schweizer zu sein – und schätzte die Debattenkultur in unserem Land sehr. Deshalb wage ich mich auch, Dinge in Frage zu stellen – auch mich selber. Schade nur, dass mich die Revolverblätter mit meinen Aussagen und meiner Kritik an den Massnahmen wie einen Irren aussehen lassen wollten. Und nein, ich weiss nichts besser. Was ich heute sage, kann der Irrtum von morgen sein. 

Fühlen Sie sich ungerecht behandelt?

Mittlerweile bin ich an einem Punkt angelangt, an dem ich sagen kann: Ich schaue immer nach vorne. Und ich bin immer ein positiver Mensch; und will stets das Positive aus einer Situation ziehen. Natürlich gab es Momente, in denen ich mich falsch verstanden fühlte. Schliesslich bin ich in einem Beruf tätig, in dem man den Menschen gefallen will und gerne umarmt wird. Im Nachhinein muss ich aber sagen: Es ist alles gut, so wie es passiert ist.

Plötzlich hiess es, die Schweiz sei eine Diktatur. Das war wohl schon etwas übertrieben….

Die Schweiz ist keine Diktatur. Aber wer sich nicht impfen liess, durfte nicht ins Restaurant, wurde geächtet, beschimpft und mit Restriktionen bedroht und belegt. Das war unserer Demokratie nicht würdig. Siehe Swiss! Als Ungeimpfter darf ich noch heute nicht in die USA fliegen. Ich bin froh, dass Australien die Sanktionen aufgehoben hat. Und wenn ich mitbekomme, wie Freunde von mir wegen der Impfung schwere Verläufe beklagen, gibt mir dies zu denken. Gerade heute habe ich mit einem Freund in Thailand telefoniert, der an schwersten Thrombosen leidet. Ich vergleiche es immer mit einem Fall meiner Mutter. Sie hätte Contergan nehmen sollen – weil sie mit mir eine schwere Schwangerschaft hatte. Sie weigerte sich – und wurde von ihrem Arzt harsch kritisiert. 1961 hatte man prompt 1500 Fälle von schwerstbehinderten Kindern, weil deren Mütter während der Schwangerschaft Contergan einnahmen.

Sind Sie heute fast mehr Politiker als Komiker?

Ich bin in erster Linie Mensch, und in zweiter Linie Bürger von diesem Land. Aber wenn die Menschen eingesperrt werden; ohne Begründung und ohne Erklärung, dann läuft etwas falsch. Und wir geraten an einen Punkt, an dem wir nicht sein wollen.  Vielleicht wurde mein politischer Sinn geschärft. Vielen Leuten wird vorgeworfen, dass sie Schafe sind – und nur hinterhertrotten. Auch ich war so ähnlich. Ich ging abstimmen, aber wirklich tangiert haben mich die politischen Entscheidungen nicht. Mit Corona hat sich dies geändert.

Weshalb?

Auch weil sich viele Satiriker ganz bewusst aus dieser Diskussion ausschalteten oder – noch schlimmer – mit dem Staat im Gleichschritt marschierten. Ich möchte dies nicht bewerten. Aber man muss Dinge in Frage stellen. Es ist unsere Aufgabe, den Diskurs anzustossen.

Kommt für Sie eine politische Karriere in Frage?

Ich könnte sicher Kreativität und Innovation nach Bern bringen. Die Frage ist einfach: Könnte ich in Bern überleben – mit all den Leuten, die ganz anders funktionieren? Ich bemerke diese Schwierigkeit schon in meinem Beruf. Selbst mit artverwandten Menschen ist es nicht immer einfach, Ideen umzusetzen. Wie soll das dann möglich sein, mit komplett anderen Persönlichkeiten?

Sieht man Ihren Namen im nächsten Jahr auf einer Wahlliste?

Geht es nach meiner Frau, sicher nicht. Ich überlege mir aber, ob ich es nicht trotzdem wagen soll. Ich bin in einem Zweispalt – und befinde mich in einem Zwiegespräch mit mir selber. Was sicher ist: Ich will nicht nach Bern, um den Menschen zu gefallen. Und letztlich muss man erkennen, was seine Berufung ist. Ich lasse es offen. Fest aber steht: Meine Frau hat das letzte Wort.

Marco Rima im neuen Comedy-Format: mit Charme, Schalk und einem Seitenhieb nach Bern. Schauen Sie selber.

 

Thomas Renggli / Goldküste24