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Lifestyle
14.11.2022

Beziehungsturbulenzen und ihre Folgen

Unbemerkt knistert es, was passiert gerade? (Symbolbild) Bild: Goldküste24
Mitten in Beziehungsturbulenzen kommt die Erinnerung an die warme, heisse Sommerzeit, die leicht und prickelnd zurückliegt. Was geschieht gerade, dass all die Erinnerung temporär in den Schatten stellt?
  • Gedankensplitter

Ein Sonntagsspaziergang endet mit einer unbequemen Ehrlichkeit. Irgendwie war alles entgleist. Es war nicht unbemerkt an mir vorbeigegangen, dass irgendetwas nicht stimmte. Doch wollte ich es nicht wahrhaben, dass aus den tiefgründigen Gesprächen, den wundervollen Begegnungen in der Natur, den interessanten Diskussionen eine gewisse Leere entstanden war. Ausgetauscht wurden nicht relevante Kleinigkeiten, die nicht nährend zurückblieben. 

Es fehlte an Substanz und liess Unbefriedigung zurück. Manchmal ertappt man sich, dass man aus einer gewissen Lethargie alles laufen lässt. Angst vor Konfrontation und Zurückweisung macht sich breit. Doch so lässt sich eine immer unbequemere Situation nicht lösen. Im Gegenteil – sie wird immer grösser und irgendwann lässt sie sich wie ein unförmiger grosser Plastik nicht mehr in die Box «schoppen». Die Box lässt sich nicht mehr verschliessen, da der Plastik immer wieder seinen Weg sucht. Es ist gut, wenn sich die Box nicht mehr schliessen lässt. Die Luft aus dem Plastik muss raus.

Ein unbequemer Boxinhalt

Eine Aussprache der besonderen Art lässt Wunden zurück und scheint unüberwindbar. Zwanzig Minuten hat jeder Zeit, sich Luft darüber zu machen, was nicht mehr aushaltbar ist. Zwanzig Minuten, die bewegen, die zeigen, was alles versteckt in den Hirnzellen und in der Seele vor sich hinschmorte. Ist es die grosse Ablenkung all der Themen, die im Moment bewegen? Die Auseinandersetzung mit Themen im Aussen lenken von eigentlichen innerlichen Turbulenzen ab. Ermüdung lässt keinen Platz mehr für die inneren Seelenproblemen. Sie werden jedoch immer wieder genährt, wenn sie wieder nicht an die Oberfläche kommen dürfen. Da es unangenehm ist, ist ein grosser Bogen um sie herum am einfachsten. So scheint es unbewusst.

Nach dieser gegenseitigen Aussprache tritt erst einmal eine eigenartige Ruhe ein. Beide Seiten sind erstaunt über den Boxinhalt. Ein nicht ganz einfacher Moment. Nach den je zwanzig Minuten soll nicht mehr über die Aussprachen diskutiert werden. Es entsteht zumindest bei mir ein Bedürfnis, sich zu erklären, zu verteidigen. Es ist ein Aushalten von verschiedenen Gedanken, die gespickt sind von für mich alten Gefühlen, die nicht leicht zu ertragen sind.

Zwei fast 60-jährige Menschen stellen fest, dass sie wohl gut unterwegs sind, jedoch sich und dem Gegenüber aus Eigenschutz und Schutz dem anderen gegenüber nicht immer ehrlich zeigten, was sich etwas rächt. Es ist wohl wirklich besser, im Moment der Turbulenzen offen zu sagen, was gerade stört und nicht alles aufzusparen, bis die Box mit dem luftgefüllten Plastik sich nicht mehr verschliessen lässt. Doch manchmal ist eine Situation wirklich zu schön, um eine momentane negative Empfindung einfach wortstark zu äussern. Dabei wäre genau die schöne Situation ein guter Ort, um eine kleine Turbulenz zu klären.

Unterschiedliche Verarbeitung

Manchmal ärgert es, dass die Gelegenheit nicht beim Schopf gepackt wurde. Es scheint wie ein Schneeball mit vielen Schneeschichten, also Turbulenzen, der langsam stetig gerollt wird, bis es eine Lawine gibt.

Manche Menschen erholen sich im Schlaf, andere finden den Schlaf nicht, bleiben wach, hintersinnen sich, können aber in der Nacht nichts ändern. Ein ganzer Katalog entfaltet sich, um Dinge zu verbessern, damit sich solch eine Lawine nicht mehr aufbaut. Eine Erfahrung ist auch, dass je mehr man in Versuchung kommt, Dinge krampfhaft zu ändern, sich gar nichts ändert.

Der Krampf artet in einer Lawine aus. Die gegenseitige dauernde Zumutung ist wohl die beste Lösung zur Vermeidung von solchen Lawinen, die sehr viel mehr Schmerz und Schwere auslösen als eine unverblümte dauernde Ehrlichkeit. Unsere Gesellschaft schützt, um nicht in Schwierigkeiten zu kommen. Meine Grossmutter sagte immer, man würde lügen, sich nicht äussern, um keine Streitereien und Schwierigkeiten zu wecken. Lieber hielt man alles unter dem Teppich, bis irgendwann eine gewaltige Explosion ausbrach.

Wir haben gesehen, was es bedeutet, wenn die Wahrheit nicht mehr ausgesprochen wird. Haben wir Mut, uns selber zu sein mit allem, was dazu gehört.

Patricia Rutz/Goldküste24