Der Tessiner Musiker Marco Santilli widmete sich nach den akademischen Studien und Erfahrungen in verschiedenen Sinfonieorchestern der Improvisation und Komposition und mischte Einflüsse von Jazz, Weltmusik, Klassik, Folk bis hin zu Rock und Minimal Music. Improvisation und musikalischer Text werden durch die Verschmelzung zu einem neuen persönlichen Stil vervollständigt, der sich Klassifikationen entzieht. Wenn wir jedoch «Sujazzstiva» kategorisieren müssten, würden wir diese Arbeit in der Sparte «Jazz» finden. Jazz im Sinne von offener Musik «auf Italienisch». Italienisch? Ja, denn obwohl es sich um Instrumentalstücke handeln, widerspiegeln sie Atmosphären, Motive und Melodien wieder, die sich auf die Musikalität seiner Muttersprache beziehen. Legenden und Sagen aus dem Tessiner Alpenraum, seiner Heimat, ziehen sich als «roter Faden» durch die Stücke. «Kompositionen mit einer Geschichte sind stärker», davon ist Santilli überzeugt.
Wunderbares Gefühl des Übernatürlichen
Wahrscheinlich zum ersten Mal trifft ein Jazzquartett das klassische Bläserquintett in einen musikalischen Kontext «(CH)ontaminato». Das Jazzquartett »CheRoba« wurde um das Quintett »il Fiato delle Alpi« (der Atem der Alpen) erweitert, das hier durch Instrumente mit einem tieferen Register vertreten ist: Altflöte, Englischhorn und Kontrabassklarinette, die zusammen mit Waldhorn und Fagott dazu beitragen, die Klänge wärmer, intensiver und reich an Obertönen zu erzeugen. Wahrscheinlich eine weltweit einzigartige Musikformation.
«Alte Märchen und Legenden unserer Herkunft» oder «überliefertes folkloristisches Erbe»: egal wie man das nennt, Marco Santilli gefiel die Idee, die Geschichten eines «kollektiven Unbewussten» (C. G. Jung) in der Musik zu verewigen. Erzählungen aus der Italienischen Schweiz, die so überraschend sind, dass sie das moderne Fantasy-Genre übertreffen. Das wunderbare Gefühl des Übernatürlichen regte ihn an, mit «irdischen», akustischen Musikinstrumenten nach unerhörten Klangmischungen zu suchen, als ob er jene Protagonisten einer bäuerlichen Realität symbolisieren wollte, die sich mit den legendären Geschichten in der «stüa» (Stube) ihres Heims unterhielten.