Was kann dagegen unternommen werden? Haben Sie konkrete Vorschläge?
Die Lösung ist im Prinzip einfach: Es braucht mehr blütenreiche Lebensräume über die Saison. Jede Blüte zählt: einheimische Wildblumen in einem Topf auf dem Balkon, der blühende Klee im Rasen und Blumen mit offenen Blüten im Blumenbeet. Aber auch blühende Hecken sind wichtig: Forsythien sind zwar schön, aber für alle Bestäuber wertlos. Wer diese durch Kornelkirschen ersetzt, hört im zeitigen Frühjahr schon bald das Summen der Bienen.
BienenSchweiz, unser Dachverband in der deutschen und rätoromanischen Schweiz, hat eine Blühflächenoffensive gestartet. Wir Imkerinnen und Imker wollen die Schweiz zum Blühen bringen. Dafür brauchen wir die Hilfe aller, jede und jeder kann etwas für die Bienen tun. Oft braucht es dazu nur wenig: Einfach den Garten weniger aufräumen und möglichst alles blühen lassen. Totholz oder abgestorbene Pflanzenstängel bleiben stehen, offene Bodenstellen werden geschaffen. Dies bietet den Wildbienen wertvolle Nistgelegenheiten – besser als jedes Insektenhotel aus dem Baumarkt. Um fundiert und konkret zu lernen, was man selber in seinem Umfeld Gutes für die Bienen tun kann, bieten wir auch die «Kurse Bienenschutz» an.
Was sagen Sie denn jemanden, der in die Bienenhaltung einsteigen möchte? Macht das vor dem Hintergrund des zu knappen Blütenangebotes Sinn?
Viele meinen tatsächlich, sie würden mit dem Halten von Bienen ein Problem lösen. Deshalb möchten zum Beispiel Firmen immer wieder Bienenvölker auf ihre Dächer stellen. Das ist zwar gut gemeint, aber es kann das Problem des knappen Nahrungsangebotes in gewissen Gebieten sogar verschärfen. Bevor man mit dem Imkern beginnt, muss man sich einige wichtige Gedanken machen: Hat es in meiner Region noch Platz für weitere Honigbienenvölker? Gibt es ein reichliches Blütenangebot? Diese Fragen zu beantworten ist nicht einfach. Ich empfehle Interessierten deshalb, sich an den örtlichen Imkerverein zu wenden.
Hinzu kommt, dass das Imkern nebst hoher Flexibilität und Zeitaufwand auch viel Wissen und Können braucht. Deshalb ist zentral, dass alle Einsteigerinnen und Einsteiger eine fachlich gute Grundausbildung absolvieren. Nur schon der Umgang mit der Varroamilbe ist eine grosse Herausforderung: Dieser Schädling ist seit rund 40 Jahren in allen Völkern präsent. Die Imkerschaft muss den Befall überwachen und eingreifen, wenn eine gewisse Schadschwelle überschritten ist. Bienenvölker, die mangelhaft oder gar nicht gepflegt und unterstützt werden, haben kaum Chancen, länger als 2-3 Jahre zu überleben.
Wer Interesse an den Bienen hat, aber nicht sicher ist, ob er oder sie die Zeit in die Imkerei investieren kann, absolviert besser zuerst einen unserer Bienenschutzkurse. Dort wird auch konkret gezeigt, wie Honig- und Wildbienen aber auch andere Bestäuber unterstützt und gefördert werden können.
Zum Schluss nochmal zu den Honigbienen: Was können Sie denn über unsere Region und das vergangene Bienenjahr berichten?
Das Jahr 2021 stellte für die Bienen aufgrund des regnerischen und kühlen Wetters eine grosse Herausforderung dar. Um nicht zu verhungern, mussten die Völker teils gefüttert werden. Im Jahr 2022 sah es dann deutlich besser aus. Der Frühling bot überdurchschnittlich viele sonnige Flugtage zu einer Zeit, in der das Blütenangebot in Massen vorhanden war. So konnten Obstblüten, Löwenzahn und Raps rege beflogen werden. Die Bienen fühlten sich sichtlich wohl und entwickelten sich zu starken Völkern. Auch die Frühlingshonigernte fiel deshalb gut aus.
Wie haben die Bienen die grosse Trockenheit im Sommer 2022 überstanden?
Die Hitze ertragen die Bienen eigentlich gut. Die Trockenheit führte aber dazu, dass die Pflanzen wenig Nektar produzierten oder das Angebot gar ganz versiegte. Typische Sommerblüher wie die Linde gaben deshalb eher wenig her. Je nach Gebiet konnte aber ein köstlicher Waldhonig geerntet werden.
Vielen Dank für das Interview.