- Kolumne von Dr. Philipp Gut
Im Zuge des Ukrainekriegs hat die Europäische Union weitreichende Sanktionen gegen Russland ergriffen. Und die Schweiz macht mit.
Einige dieser Sanktionen sind rechtsstaatlich problematisch. Dazu gehört das Verbot für Schweizer Anwälte, russische Firmen zu beraten. Wer dagegen verstösst, dem droht eine Gefängnisstrafe bis zu einem Jahr.
Moralisch-politische Aufrüstung
Die Bestimmung atmet den Geist moralisch-politischer Aufrüstung. Man will den Aggressor abstrafen, mit allen Mitteln.
Das wirft brisante Fragen auf: Wie weit darf man dabei gehen? Darf man sogar den Rechtstaat aushebeln?
Gegen «tragende Prinzipien des Rechtsstaats»
Ich finde ganz klar: nein. Wer für sich den Anspruch erhebt, Unrecht zu bekämpfen, darf nicht selbst das Recht mit Füssen treten.
Das sehen auch besonnene Kräfte im Bundeshaus so. Für Mitte-Ständerat Beat Rieder ist das Beratungsverbot verfassungswidrig. Der Schweizerische Anwaltsverband sagt, es verstosse gegen «tragende Prinzipien unseres Rechtstaates».
Anwälte des Teufels
Tatsächlich wird dadurch der Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Jeder Mörder, jeder Vergewaltiger, jeder Kinderschänder, jeder Terrorist hat ein Anrecht darauf, angehört sowie juristisch beraten und vertreten zu werden.
Anwälte müssen auch den Teufel verteidigen können.
Tür und Tor für Unrecht und Willkür geöffnet
Damit ist nicht gesagt, dass russische Firmen diabolisch sind. Aber es zeigt, auf welch schiefe Bahn der Schweizer Rechtsstaat gerät, wenn er in einem moralistisch-politischen aufgeheizten Klima den nüchternen juristischen Kompass verliert.
Unrecht und Willkür sind dann Tür und Tor geöffnet.