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Hombrechtikon
30.08.2024
30.08.2024 07:35 Uhr

«Ich mache einfach!»

Karl Epting ist stolz auf die Konzertorgel in seinem «Hobbyraum». Bild: gg
Der lmmobilienmogul Karl Epting prägte Hombrechtikon in den letzten rund 50 Jahren in grossem Masse. Der heute 95-Jährige erzählt von seinem eindrücklichen Lebenswerk und welches Projekt er aktuell in der Pipeline hat.

Karl Eptings Vater war ein Schwarzwälder Zimmermann. Der Grossvater, mit dem er immer verglichen wurde, war Uhrenschnitzer, der 1923 als Saisonarbeiter im Kanton Aargau ankam und als Zimmermann arbeitete. Dort lernte er seine Frau, eine Bauerntochter, kennen. 1926 zogen sie nach Bubikon und Karl Epting wurde 1929 während eines der kältesten Winter des 20. Jahrhunderts geboren.

Epting hat noch eine Schwester und einen Bruder. Am 1. Juli 1930 zog die Familie nach Hombrechtikon und erwarb dort ihre erste Immobilie an der Eichtalstrasse 1. Sechs Jahre später erhielt die Familie den Schweizer Pass.

«Sauschwab»

Sein Weg war von Herausforderungen und Vorurteilen geprägt. «Einige meiner Mitschüler haben mich abfällig ‹Sauschwab› genannt. Das hat mich tief getroffen, und ich beschloss, ihnen zu zeigen, wozu ein ‹Aagschwämmter› aus dem Schwarzwald fähig ist», erzählt er offen.

Trotz finanzieller Schwierigkeiten und der Notwendigkeit, tagsüber zu arbeiten und abends zu studieren, schloss er bereits mit 22 Jahren erfolgreich seine Ausbildung als Architekt ab. Umgehend machte er sich selbstständig. Zu seinen ersten Projekten gehörten die Metzgerei Odermatt und das damalige Velogeschäft Born an der Etzelstrasse.

Fabriken und Geschäftshäuser im Zürcher Oberland

Epting war und ist ein Risikoträger und Draufgänger, der seine Stärken im Kopfrechnen und in der Kalkulation hat. Mit nur wenig Startkapital schaffte er es, seine ersten Immobilienkäufe zu tätigen, indem er Darlehen und Unterstützung von verschiedenen Quellen zusammenbrachte. Seine Projekte wuchsen im Laufe der Jahre. Noch heute ist er im Besitz von rund 100 Wohnungen in Hombrechtikon. Ihm gehören jedoch nicht nur Wohnhäuser, sondern auch Fabriken und Geschäftshäuser in Grüningen, Wald, Wolfhausen und Bütschwil.

Der «Ganter» von Hombi und viele Beteiligungen

Er habe einfach immer jede Gant (Auktion, Zwangsverkauf) besucht, erzählt er stolz. Seine erste Errungenschaft seien zwei Mehrfamilienhäuser für 405 000 Franken gewesen. Schon bald habe er den Namen «Finanzjongleur» bekommen. Selbst bezeichnet er sich als «etwas verrückt». «Schlafen tu ich nur in der Nacht. Am Tag muss man befürchten, dass ich wieder irgendwo zuschlage», sagt er und lacht schelmisch. So wuchs die Epting Immobilien AG zu einem bedeutenden Unternehmen mit einem grossen Portfolio heran.

Das Unternehmen führt er mit seinen 95 Jahren immer noch zusammen mit seiner Geschäftspartnerin Yvonne Moor, die seit rund 25 Jahren an seiner Seite mitarbeitet. Auf einer Nachbarbaustelle haben sie sich getroffen und Karl Epting hat sofort gemerkt, dass sie dieselbe Wellenlänge haben. Mit ihr konnte er alle Projekte verwirklichen und so auch bis ins hohe Alter mit dem Fortschritt der Zeit mithalten. Die potenzielle Nachfolgesuche gestalte sich schwierig.

Soziales Engagement

Neben seiner geschäftlichen Tätigkeit gründete Epting eine Stiftung, die unter anderem jungen Menschen ohne finanzielle Mittel hilft, durch zinslose Darlehen eine Ausbildung zu finanzieren – ein Ausdruck seines sozialen Engagements, das aus seinen eigenen Erfahrungen als junger Mann resultierte.

Stolzer Grossvater und Urgrossvater

Trotz seines Erfolgs blieb er bodenständig und sorgte dafür, dass die nächste Generation in das Geschäft involviert wurde. Besonders stolz ist er auf seine sieben Enkelkinder, von denen drei davon in Zukunft in den Verwaltungsrat des Familienunternehmens nachrücken werden. Er freut sich auch über seine drei Urenkel, die Teil seiner grossen Familie sind. «Die ganze Familie und Freunde, über 50 Personen, treffen sich jedes Jahr zu meinem Geburtstag», sagt er schmunzelnd.

Die Familie Epting im Jahr 1935. Karl Epting vorne links im Bild. Bild: zvg

Epting hat vorgesorgt

Nachdem seine erste Frau verstorben war, hat Epting noch einmal geheiratet, um so zu verhindern, dass er einmal in ein Altersheim abgeschoben wird. So ist er die Ehe mit einer Frau eingegangen, die ihn bis zum Ableben mit Hilfe der Spitex pflegt. Seit rund 20 Jahren lebt er in Uerikon, «an schönster Lage», wie er selbst sagt. Er sehe das Schloss Rapperswil, den Obersee, bis zum Säntis, zur Ufenau und zur Lützelau. «Einen schöneren Platz gibt es kaum.»

Wenn es sein Tagesplan zulässt, verbringt er gerne Zeit in seinem «Hobbyraum». Dieser ist ein vollständig ausgestatteter Saal für 100 Personen, gefüllt mit Sammlerstücken aus den vergangenen Jahren. Sein ganzer Stolz ist eine grosse Konzertorgel mit einem Repertoire von über 100 Liedern.

Sein Geschäftssitz ist bis heute in Hombrechtikon, obwohl er nicht immer mit der Gemeinde einig war. «Es wurde versäumt, neues Industrieland zu schaffen, wodurch grosse Unternehmen abgewandert sind», stellt er fest. Infolgedessen sei der Steuerfuss nach wie vor zu hoch, insbesondere im Vergleich zu den umliegenden Gemeinden an der Goldküste, und Hombrechtikon bleibe so das Armenhaus an der Goldküste.

Nie in die Politik

Er selbst wollte jedoch nie in die Politik. Er könne nicht an einen Tisch mit sieben Personen sitzen, wo jeder eine andere Meinung habe. «Ich habe meine Meinung, und dann mache ich einfach», sagt er schmunzelnd.

Geprägt und gefördert

Epting hat die Bautätigkeiten in Hombrechtikon stark geprägt und gefördert – und zeitweise auch verhindert, z. B. als der Gemeinderat damals den Gemeindesaal in der Brändlischeune am Dorfrand mit nur fünf Parkplätzen bauen wollte.

Epting ist es auch, der die Migros nach Hombrechtikon geholt hat. Er ging damals zu Volg-Landi und fragte, welchen Grossverteiler er berücksichtigen soll. Volg wählte Migros, und so baute Epting mit dem Nachbarn zusammen die Liegenschaft mit Wohnung und der Migros, die 1987 eröffnet wurde. Auch beim Alters- und Pflegeheim Breitlen nahm Epting Einfluss. Dieses sollte für 51 Mio. Franken gebaut werden. Zusammen mit dem Gemeinderat setzte er sich ein, und so kostete es dann deutlich weniger.

Neues Ziel für Hombrechtikon

Trotz seines hohen Alters ist Karl Epting immer noch sehr aktiv und plant neue Projekte. «Stillstand ist Rückschritt», findet er. Aktuell setzt er sich dafür ein, bezahlbaren Wohnraum für Seniorinnen und Senioren im Zentrum von Hombrechtikon zu schaffen. «Das möchte ich noch realisieren. Hier auf meinem Grund, zusammen mit dem Nachbarn und – sofern die Gemeinde den Gestaltungsplan genehmigt –, sollen rund 30 2½-Zimmer-Wohnungen entstehen.»

Auch hier kommt sein soziales Mitgefühl zum Ausdruck: «Die alten Leute gehören ins Zentrum. Und falls jemand die vorgeschriebene Miete nicht bezahlen kann, steht allenfalls noch meine Stiftung zur Verfügung.»

Das Treffen mit Karl Epting hat mich beeindruckt und seine Lebensgeschichte fasziniert. Sie zeigt, wie Durchhaltevermögen, Mut und Selbstvertrauen zu grossem Erfolg führen können, auch wenn die Ausgangslage alles andere als ideal ist. Seine unbändige Energie und sein unerschütterlicher Glaube an seine Fähigkeiten haben ihn zu einem aussergewöhnlichen Unternehmer und interessanten Menschen gemacht, der seine Visionen unabhängig von seinem Alter verfolgt.

Gabriela Gasser, Redaktion Ährenpost