Nach zwei vorangegangenen Verhandlungen hat das Bezirksgericht Meilen nun sein Urteil im Fall der tödlichen Auseinandersetzung bei einem Drogengeschäft in Oetwil am See gefällt. Die Tat aus dem Oktober 2022 sorgte damals für grosse Aufmerksamkeit in der Region.
Tragische Eskalation
Vier junge Männer trafen sich in einer Wohnung in Oetwil, um mit Drogen zu handeln. Der Deal eskalierte jedoch, als zwei der Beteiligten versuchten, das Marihuana gewaltsam an sich zu bringen. In der folgenden Auseinandersetzung kam ein 17-jähriger Portugiese ums Leben. Zwei weitere Beteiligte erlitten teils schwere Verletzungen. Seitdem befinden sich zwei der Männer in Untersuchungshaft.
Ereignisse jener Nacht
In einem zweitägigen Prozess Ende Februar rollte das Bezirksgericht die Ereignisse jener Nacht erneut auf. Nun, rund einen Monat später, fiel das Urteil: Ein 22-jähriger Schweizer wurde unter anderem wegen vorsätzlicher Tötung verurteilt, während ein gleichaltriger Serbe wegen Raubes und versuchter Nötigung schuldig gesprochen wurde.
Das Gericht stellte fest, dass der Schweizer die tödlichen Stiche mit einem Messer ausführte, das er dem späteren Opfer zuvor abgenommen hatte. Laut Urteil handelte er bewusst und gezielt. Die Behauptung der Verteidigung, die Stiche seien während des Kampfes zufällig entstanden, wiesen die Richter zurück. DNA-Spuren am Messer sowie frühere Aussagen des Täters stützen diese Entscheidung.
Notwehr mit Exzess
Der Schweizer erhielt eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren und einem Monat. Die Staatsanwaltschaft hatte eine doppelt so hohe Strafe gefordert. Das Gericht erkannte zwar eine Notwehrsituation an, urteilte jedoch, dass der junge Mann über das erlaubte Mass hinausgegangen sei. Die Wucht und Tiefe der Messerstiche sprachen laut Urteil für eine Überschreitung des Notwehrrechts. Der Verurteilte muss zudem den Angehörigen des Opfers eine Genugtuung in Höhe von 19’000 Franken zahlen.
Für die Verletzungen, die der Schweizer dem Serben zufügte, bleibt er hingegen straffrei. Das Gericht erkannte hier Notwehr an, da der Serbe während der Auseinandersetzung eine Schreckschusspistole hielt, die als Bedrohung gewertet wurde.
Hinterhältige Tat des Serben
Auch der Serbe musste sich vor Gericht verantworten. Das Gericht stellte klar, dass es ohne das geplante gewaltsame Erbeuten der Drogen nicht zu dem tödlichen Vorfall gekommen wäre. Der Richter sprach von einem „hinterhältigen Vorgehen“ der Käufer. Noch während die Männer gemeinsam einen Joint rauchten, planten sie, die Verkäufer zu überfallen.
Der Serbe wurde zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten verurteilt. Neben der Tat in Oetwil wurde ihm ein früherer Überfall zur Last gelegt, bei dem er am Bahnhof Enge zwei Jugendliche mit einem Messer bedrohte und ausraubte. Aufgrund dieser Vorfälle wird er für fünf Jahre des Landes verwiesen.
Auf freiem Fuss
Trotz der ausgesprochenen Haftstrafen kommen beide Verurteilten in Kürze frei. Beide haben bereits mehr als 900 Tage in Untersuchungshaft verbracht. Der Schweizer wird vorzeitig entlassen, da er sich in eine Massnahme für junge Erwachsene begibt. Der Serbe hingegen muss sich auf seine bevorstehende Ausschaffung vorbereiten.
Das Urteil bestätigt die Worte des Richters: „Am Ende gibt es nur Verlierer.“