Jedes Jahr zur Brutzeit häufen sich Fundmeldungen über angeblich verwaiste Vogelküken, die hilflos auf dem Boden gefunden werden. Viele von ihnen werden in spezialisierten Auffangstationen abgegeben. Doch wann braucht ein Vogel tatsächlich menschliche Hilfe?
Nicht jedes Küken braucht Hilfe
Scheinbar hilflos sitzen im Frühling kleine Vogelküken am Boden und berühren die Herzen vieler Tierfreunde. Aus Mitleid werden sie oft in eine Vogelpflegestation gebracht. Doch nicht immer ist dies nötig.
«So erstaunlich es klingen mag: Manchmal ist es gerade diese menschliche Hilfe, die ein gesundes Vogelkind zum Pflegefall werden lässt.» erklärt Esther Geisser, Präsidentin und Gründerin der Tierschutzorganisation NetAP.
Wann brauchen Vögel Hilfe
Immer Hilfe benötigen jedoch verletzte Tiere. Küken, die noch nicht vollständig befiedert sind, setzt man am besten unbemerkt ins Nest zurück. Ist das nicht möglich, brauchen auch sie menschliche Unterstützung.
Auch Segler, die auf dem Boden gefunden werden, sind stets auf Hilfe angewiesen. Keinesfalls darf man sie einfach in die Luft werfen – dies kann zu schweren Verletzungen führen.
Nur eine Fachperson kann beurteilen, ob und wie stark ein Segler verletzt ist. Wird er hochgeworfen und stürzt erneut ab, kann aus einem einfachen Bruch eine tödliche Splitterfraktur werden.
Schwalben hingegen können vom Boden starten. Bei Unsicherheiten sollte man eine Fachstelle kontaktieren, um das weitere Vorgehen zu klären.
Jungvögel
Gesund wirkende Jungvögel mit vollständigem Gefieder sollten am Fundort bleiben, es sei denn, keine Eltern sind in Sicht. Man sollte das Küken ein bis zwei Stunden aus sicherer Entfernung beobachten.
Ist das Vogelkind durch Verkehr oder Katzen gefährdet, kann es vorsichtig in ein Gebüsch oder auf einen Ast versetzt werden – maximal 20 Meter entfernt vom Fundort. Die Eltern werden es wiederfinden.
Das Anfassen des Jungtieres ist unproblematisch. Anders als manche Säugetiere stören sich Vögel nicht am menschlichen Geruch. Die Altvögel nehmen ihren Nachwuchs problemlos wieder an.
Vögel gehören in Fachhände
Vögel, die Hilfe brauchen, dürfen nicht privat versorgt werden. «Es ist gegen das Gesetz, sie zuhause zu versorgen», erklärt Juristin Geisser. Die Küken brauchen Wärme und sollten in eine mit Haushaltpapier ausgelegte Schachtel mit Luftlöchern gesetzt werden.
Am besten stellt man die Schachtel auf eine Wärmflasche und bringt das Tier zum Tierarzt oder in eine Auffangstation. «Auf gar keinen Fall darf man Vögeln – ob jung oder erwachsen – Wasser oder Futter einflössen. Das kann sehr schnell tödlich enden!» warnt Esther Geisser.
Auch Katzenhalter können zum Schutz der Jungvögel beitragen. Sind im Garten junge Piepmätze flügge, sollten Katzen zwei bis drei Tage im Haus bleiben.
Die Vogelwelt wird es danken – und die Katzen werden es verzeihen.