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Kultur
08.06.2025
08.06.2025 07:44 Uhr

Das feiern wir an Pfingsten

Die Ausgiessung des Heiligen Geistes im Rabbula-Evangeliar Bild: Archiv
Pfingsten gilt als die Geburtsstunde der Kirche. 50 Tage nach Ostern feiern Christen weltweit das Kommen des Heiligen Geistes.

Pfingsten – vom griechischen pentēkostē, «der fünfzigste Tag» – hat seine Wurzeln im jüdischen Schawuot, dem Wochenfest, das ursprünglich ein Erntedankfest war und später an die Gabe der Tora erinnerte. In der christlichen Tradition markiert es das Ende der Osterzeit – und zugleich den Anfang von etwas Neuem: der weltweiten Verkündigung des Evangeliums und der geistlichen Gemeinschaft unter den Gläubigen.

Ein überraschender Beginn

Im zweiten Kapitel der Apostelgeschichte wird die Szene eindrücklich beschrieben. Die Jünger Jesu hatten sich zurückgezogen, verunsichert durch die Ereignisse rund um Kreuzigung und Auferstehung. Und dann geschieht das Unerwartete:

«Und es geschah plötzlich ein Brausen vom Himmel wie von einem gewaltigen Wind und erfüllte das ganze Haus, in dem sie sassen. Und es erschienen ihnen Zungen wie von Feuer, die sich verteilten; auf jeden von ihnen liess sich eine nieder.» (Apostelgeschichte 2,2–3)

Was folgt, sprengt die Grenzen des Gewohnten. Die Jünger beginnen in verschiedenen Sprachen zu reden – und dennoch verstehen sie alle Anwesenden. Die Sprachverwirrung der babylonischen Geschichte (vgl. Genesis 11) wird symbolisch aufgehoben. Menschen unterschiedlicher Herkunft und Sprache erleben Gemeinschaft und Verständigung.

«Wir hören sie in unseren Sprachen von den grossen Taten Gottes reden.» (Apg 2,11)

Der Beginn der Kirche

Was mit Wind und Feuer beginnt, wird zur Bewegung. Petrus hält seine erste Predigt – eindringlich, voller Überzeugung. Viele der Zuhörenden lassen sich taufen. «An diesem Tag kamen etwa dreitausend Menschen hinzu.» (Apg 2,41)

Pfingsten gilt seither als Geburtstag der Kirche. Nicht im institutionellen Sinn, sondern als geistliche Gemeinschaft derer, die sich vom Heiligen Geist leiten lassen. Diese Geistkraft – im Hebräischen ruach, im Griechischen pneuma – wird in der Bibel als Atem Gottes beschrieben, als Trösterin, Beistand, Kraft, die bewegt, weckt und verbindet.

Jesus selbst hatte vor seiner Himmelfahrt den Heiligen Geist angekündigt:
«Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der auf euch kommen wird; und ihr werdet meine Zeugen sein [...] bis an das Ende der Erde.» (Apg 1,8)

Feuer, Wind und Taube – alte Bilder, neue Fragen

Die Symbole des Pfingstfestes – Feuer, Wind, Taube – stehen für Bewegung, Inspiration und Nähe. Der Geist Gottes wirkt nicht laut und spektakulär, sondern oft leise und überraschend. In einer Zeit, in der sich viele Menschen nach Orientierung, Sinn und Begegnung sehnen, gewinnt diese Dimension an Aktualität.

Pfingsten ist damit mehr als ein historisches Ereignis oder ein kirchlicher Feiertag. Es stellt die Frage, was Menschen verbindet – über Unterschiede hinweg. Es ruft in Erinnerung, dass christlicher Glaube nicht nur Tradition, sondern Sendung ist: hinauszugehen, zu teilen, zu handeln, zu trösten.

In der Schweiz wird Pfingsten mit festlichen Gottesdiensten, Firmungen, Taufen und Gemeindefeiern begangen. In katholischen wie reformierten Kirchgemeinden wird an die Kraft des Heiligen Geistes erinnert, die Menschen stärkt, Gaben schenkt und Gemeinschaft ermöglicht.

Ein Fest mit bleibender Botschaft

Doch auch jenseits der Kirchenmauern hat das Pfingstfest seine Bedeutung behalten: als gesetzlicher Feiertag in vielen Kantonen, als Moment der Besinnung am Ende der Frühlingszeit, als Einladung zur geistigen Erneuerung. Nicht selten wird der Pfingstmontag für Begegnungen, Wanderungen oder kurze Reisen genutzt – oft ohne die religiöse Tiefe zu kennen, die diesem Fest zugrunde liegt.

Pfingsten erinnert daran, dass Gemeinschaft mehr ist als ein Ort – sie ist eine Haltung. Und dass der Geist Gottes dort wirksam wird, wo Menschen offen sind für Veränderung, für das Verbindende, für das, was stärkt.

«Denn der Geist, den Gott uns gegeben hat, macht uns nicht zaghaft, sondern er erfüllt uns mit Kraft, Liebe und Besonnenheit.» (2. Timotheus 1,7)

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