Das neue Zürcher Kinderspital gilt als architektonisches und medizinisches Prestigeprojekt. Für 760 Millionen Franken errichtet, wurde der lichtdurchflutete Holzbau in Zürich-Lengg von den renommierten Basler Architekten Herzog & de Meuron entworfen. Er beherbergt unter anderem Schule und Kindergarten für Patienten sowie eine begehbare Lichtinstallation des Künstlers James Turrell.
Während für die kranken Kinder viel geboten wird, sieht es für die Kinder des Personals anders aus. Trotz rund 2600 Mitarbeitenden fehlt am neuen Standort eine Kita. Das erschwert insbesondere jungen Ärztinnen und Pflegern die Vereinbarkeit von Beruf und Familie – denn ihre Arbeitszeiten lassen sich kaum mit herkömmlichen Betreuungsmodellen vereinbaren.
Kritik hinter vorgehaltener Hand
Der Unmut in der Belegschaft wächst, doch offen geäussert wird Kritik selten. Das Kinderspital gilt als karriereprägende Instanz für Kinderärzte. Viele Mitarbeitende wägen ab, bevor sie Missstände öffentlich benennen. Besonders für Frauen sei die Situation schwierig, sagt ein Mitglied der Ärzteschaft, das anonym bleiben möchte. Rund 80 Prozent der Belegschaft seien weiblich, dennoch würden die Bedürfnisse von Müttern vernachlässigt.
Die Spitalleitung widerspricht: Am alten Standort habe man mit externen Kitas zusammengearbeitet und reservierte, leicht vergünstigte Betreuungsplätze angeboten. Doch diese seien nicht ausgelastet gewesen. Gründe dafür seien vielfältig – von ungünstigen Öffnungszeiten bis zur Lage.
Andere Spitäler
Im Vergleich zu anderen Spitälern fällt das Kispi deutlich zurück. Das Universitätsspital Basel etwa bietet eine eigene Kita mit langen Öffnungszeiten, flexibler Platzbuchung und Nanny-Vermittlung. Auch das kleinere Spital Zollikerberg ermöglicht eine flexible, minutengenaue Abrechnung in Zusammenarbeit mit einer externen Kita – sogar mit Betreuung am Samstag.
Das Universitätsspital Zürich betreibt gleich vier eigene Kitas für insgesamt 154 Kinder. Die Gruppen sind bewusst klein gehalten, um kurzfristige Betreuungslücken schliessen zu können. Dieses Angebot existiert seit 60 Jahren und gilt bis heute als wichtiges Mittel zur Mitarbeitendenbindung.
Langfristige Pläne
Das Kinderspital Zürich prüft inzwischen, ob eine eigene Kita künftig realisierbar wäre. Eine Arbeitsgruppe begleitet den Prozess, geleitet vom HR-Bereich. Eine externe «Anschlusslösung» könnte ab 2026 greifen – etwa in Kooperation mit Kitas oder Kliniken im Umfeld des neuen Standorts.
In der Belegschaft herrscht jedoch Skepsis, ob diese Pläne tatsächlich konkrete Verbesserungen bringen. Das Kispi gilt als Monopol in der Schweizer Kinderheilkunde – und kann sich aus Sicht mancher Mitarbeitenden Versäumnisse leisten, ohne grössere Konsequenzen fürchten zu müssen.
Derweil bleibt die Kinderbetreuung für viele derer, die sich um die kranken Kinder kümmern, selbst ein ungelöstes Problem.