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Herrliberg
24.06.2025
24.06.2025 07:31 Uhr

Golf: Showdown in der Vogtei

Hofft auf ein «Ja»: Bob-Champion und Hobby-Golfer Erich Schärer. Bild: Linth24
In Herrliberg gehen die Emotionen hoch. Grund ist die Abstimmung an der Gemeindeversammlung vom Mittwoch über eine Golfanlage. Im Auge des Sturms: Bob-Olympiasieger Erich Schärer.

Erich Schärer ist eine Ikone des Schweizer Wintersports: 19-facher WM-Medaillengewinner, achtfacher Weltmeister – Olympiasieger 1980 in Lake Placid. Seither ist einiges Wasser die Limmat hinuntergeflossen. 

Im Wettkampfmodus

Doch der Ur-Herrliberger, mittlerweile 78 Jahre alt, befindet sich in diesen Tagen wieder im Wettkampfmodus. Er verteilt in seinem Heimtatsdorf Informationsblätter oder diskutiert im Café der Confisserie Honold. Immer im Zentrum: «Public Golf Herrliberg», eine Driving-Range, auf der unterhalb von Wetzwil irgendwann Abschläge und Puts geübt werden sollen.

Nur eine Übungsanlage

Schärer sagt dazu: «Wir sprechen nicht über einen Golfplatz mit 18 Bahnen, sondern über eine Übungsanlage von überschaubarer Grösse.»

Genauer heisst das: 25 gedeckte Abschlagplätze, 50 Parkplätze und ein neues Bistro im Schützenhaus soll es auf der 5,6 Hektaren grossen Fläche geben. Privat finanziert mit gegen 2 Millionen Franken. 

Bauern gegen den Bauernsohn

Doch in der Gemeinde hat sich Opposition gebildet. Und dies ausgerechnet von Seiten der Bauern. Dafür hat der Bauernsohn Schärer wenig Verständnis – so wenig, dass er an einer Infoveranstaltung vor einigen Wochen einer kritischen Stimme etwas gar deutlich die Meinung sagte.

Es sei ein Fehler gewesen, sagt er heute durchaus reumütig – aber gleichzeitig hält er auch fest: «Man darf heute ja keine klaren Worte mehr gebrauchen – sonst fühlt sich jemand sofort verletzt.» Nicht ohne Sarkasmus fügt er an: «Ich bin der böse Mann, der die Idee lanciert hat.»

Schöne Aussichten: Hier soll dereinst ein kleines Golf-Paradies entstehen. Bild: zVg

Einzelinitiative und Grundsatzfrage

Am Mittwoch will Schärer die eigenen Emotionen besser kontrollieren – auch wenn es in der Vogtei durchaus emotional werden könnte. Wo sich sonst höchstens 150 Stimmbürger verlieren, werden im Zehntensaal  rund 400 Menschen erwartet. Ihnen wird eine Einzelinitiative über eine Grundsatzfrage vorgelegt: «Ja oder Nein» zum Projekt. Details wie Umzonung und exakte Grössenordnungen werden später Gegenstand von weiteren politischen Entscheidungen sein.

Ein Ort der Begegnung

Und weshalb soll das Stimmvolk am Mittwoch «Ja» zur Driving-Range sagen? Schärer hat dazu eine klare Meinung: «Weil wir eine öffentliche Anlage für Jung und Alt – und einen Begegnungsort für die ganze Bevölkerung schaffen.» Und der Bauer, der sein Land abgeben muss, erhält von Schärer höchstpersönlich Realersatz – in Form von Pachtland aus seinem eigenen Besitz in derselben Grösse.

Man darf gespannt sein, auf welche Seite sich das Stimmvolk schlägt. So oder so: Für Erich Schärer stellt sich eine Herausforderung, die mit dem Spitzensport nur bedingt zu vergleichen ist. Die Entscheidung über Sieg oder Niederlage hat der Olympia-Champion am Mittwoch nicht in den eigenen Händen.

Thomas Renggli