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Zollikon
28.07.2025
29.07.2025 21:36 Uhr

Real Madrid: Geld scheffeln mit Zolliker Kindern

Wie Ronaldo und Mbappé: die Kinder in Zollikon dem grossen Fussball (vermeintlich) nahe. Bild: PD
In der letzten Sommerferienwoche veranstaltet der spanische Fussball-Rekordmeister Real Madrid ein Juniorencamp in Zollikon. Ein wohlkalkuliertes Geschäft - und teures Vergnügen.

Welches fussballbegeisterte Kind träumt nicht davon, einmal im blütenweissen Trikot von Real Madrid aufzulaufen? Jenem Textil, das früher Cristiano Ronaldo überzog – und heute Ausnahmekönner wie Kylian Mbappé, Jude Bellingham oder Vinicius Junior aufs Feld tragen.

Zwischen Riet und Bernabeu

In der letzten Woche der Sommerferien bietet sich allen Kindern und Jugendlichen im Alter zwischen sechs und 16 Jahren auf dem Sportplatz Riet in Zollikon die grosse Chance, diesen Traum zu verwirklichen. Im Rahmen eines fünftägigen Fussballcamps unter dem Label von Real Madrid.

Versprochen werden «professionelles Training, sportgerechte Mahlzeiten und Ernährungstipps, Wertevermittlung und Spass am Fussball sowie eine Premium Ausrüstung von Adidas».

Allerdings ist der Anlass keine Exklusivität – sondern Teil einer gross angelegten Kampagne. Insgesamt führt Real Madrid während der Sommer- und Herbstferien in der Schweiz 20 Camps an Orten wie Rothrist, Schlieren, Flawil oder Rheineck durch. Kostenpunkt pro Kind und Trainingswoche: 499 Franken.

So wollen auch Schweizer Kinder jubeln: Real-Star Eder Militao freut sich über einen Torerfolg. Bild: zVg

Barcelona noch teurer

Im Vergleich zum adäquaten Produkt des FC Barcelona ist dies ein Schnäppchen. Die Katalanen sind unter dem Label «Barça Academy Camp» zwischen Genf und Zürich an ebenso vielen Standorten wie der Konkurrent aus der spanischen Hauptstadt präsent. Und auch hier wird viel versprochen: «Tauche ein in die Welt des echten Fussballs – erleben den Spirit des FC Barcelona bei den Barça Academy Camps. Hier lernst du die Werte Bescheidenheit, Einsatz, Ehrgeiz, Respekt und Teamwork kennen und entfaltest dein Potenzial in intensiven, praxisnahmen Trainingseinheiten».

Ausserdem wird der grosse Karrieresprung in Aussicht gestellt: «Für herausragende Talente und ausgewählte Spieler gibt es zudem die Möglichkeit, nach Barcelona zu reisen und am Barça Academy World Cup mitzuspielen.» Der Preis für diesen Traum: 749 Franken plus 18.73 Franken Gebühren. Dass die Trainer aus der legendären Jugendakademie La Masia einfliegen, ist allerdings nur ein kühner Wunsch. Sie stammen in der Regel aus der helvetischen Nachbarschaft. 

Zweifel der Fachleute

Der Küsnachter Marco Bernet, als Instruktor des Schweizer Fussball-Verbands für die Ausbildung von Nachwuchstrainern zuständig, hat gewisse Bedenken bezüglich der Seriosität des Angebots: «Hier wird unterschwellig versprochen, dass die Kinder zu sehr guten Fussballern werden. Aber das muss man anzweifeln». Bei einem solchen Kurs gebe es keine Chance auf Nachhaltigkeit. Ausserdem werde das Niveau der Trainer den Ansprüchen kaum gerecht. 

Der frühere GC-Profi Adi Noventa, lange Jahre Juniorentrainer beim FC Witikon, blickt ebenfalls mit Skepsis auf die fussballerische Schnellbleiche, die in der ersten Ferienwoche auch auf der Sportanlage in Witikon angeboten wurde. Er spricht von einer «wohlkalkulierten PR-Aktion» und einer «sportlichen Mogelpackung» und davon, dass die ausländischen Grossklubs den Schweizer Vereinen das Wasser abgraben. 

250 Franken in Witikon und Maur

Auch der FC Witikon organisiert übrigens in der letzten Ferienwoche ein Camp – zum Preis von 250 Franken für Buben und 200 Franken für Mädchen. Beim FC Maur kostet ein ähnliches Produkt 250 Franken. Der FC Zürich verrechnet für seine Kids Camps 330 Franken. Oder mit anderen Worten: Heimisches Schaffen ist billiger – und in der Regel auch besser.

Thomas Renggli