Kaum eine andere Abstimmungsvorlage hat in den letzten Wochen und Monaten die Gemüter so sehr erhitzt wie das Covid-Gesetz. Das hat aber auch sein Gutes: Es hat mehr Wählerinnen und Wähler dazu motiviert, an die Urne zu gehen und von ihrem Recht Gebrauch zu machen. Die Stimmbeteiligung lag mit über 65% sehr hoch.
Die stille Mehrheit hat gesprochen
Besonders die Gegner:innen des Covid-Gesetzes waren in letzter Zeit zu hören und mit ihren Nein-Plakaten und Demonstrationen vielerorts auch zu sehen – gefühlt deutlich intensiver als die Befürworter:innen der Initiative. Doch letztlich hat genau diese stille Mehrheit der Schweizerinnen und Schweizer heute gesprochen. So wie jene Menschen, die sich auch still und ohne Aufsehen konsequent an die Massnahmen halten und sich v.a. haben impfen lassen. Weil sie sich selber und andere schützen wollen und darin eine Chance sehen, möglichst bald zurück in die Normalität zu kommen.
Die Kritiker:innen nicht überhören
62% der Schweizerinnen und Schweizer haben Ja gesagt zum neuen Covid-Gesetz. Es darf als Vertrauensbeweis für die Schweizer Regierung und ihre bisherigen Massnahmen angesehen werden. Es ist ein Ja dafür, dass es in dieser besonderen Zeit auch besondere Bestimmungen braucht und der Bundesrat flexibel auf neue Umstände reagieren können muss. Es ist auch ein Ja, dass man dem Bundesrat vertraut, dass er Massnahmen gut überlegt und zum Wohl der Bevölkerung, des Gesundheitssystems und der Wirtschaft umsetzt.
Die Befürworter:innen sind aber nicht die Gewinner. Sie und der Bundesrat haben damit auch nicht die Covid-Pandemie besiegt. Auch wenn das Schweizervolk heute deutlich gesprochen hat, so dürfen jene Menschen – 39% der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger, die heute Nein gestimmt haben – nicht überhört werden. Vor allem nicht ihre Ängste. Auch diese müssen bei der Regierung Gehör finden.
Vertrauen stärken und wiederherstellen
Es mag in den vergangenen Monaten vieles nicht ideal gelaufen sein. Die ersten "kommunikativen Pannen" der Regierung kann man in Anbetracht der völlig neuen Situation und der mutierenden Virus-Variante verzeihen oder nicht. COVID ist mittlerweile nichts Neues mehr, auch wenn bereits wieder von einer neuen Mutation gesprochen wird. Neben verhältnismässigen Massnahmen zum Schutz der Schweizer Bevölkerung, der Wirtschaft und des Gesundheitssystems, ist meines Erachtens eine klare und verständliche Kommunikation wichtiger denn je. Um das Vertrauen der Befürworter zu halten. Und um das Vertrauen der Kritiker wiederherzustellen. Hier hat der Bundesrat Handlungsbedarf.