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Küsnacht
05.05.2022

«In die Zukunft blicken und in der Gegenwart leben»

Ueli Schlumpf. Bild: Gemeinde Küsnacht
Ueli Schlumpf: «Auf Schritt und Tritt wird uns in der Wahlkampfzeit das Blaue vom Himmel versprochen. Es scheint, dass viele sich zur Wahl Stellende davon überzeugt sind, das Pulver neu erfinden zu können.«

Sie werden spätestens nach diesen Wahlen erfahren, dass sie die Wirklichkeit einholen wird. Es nützt nichts, Dinge zu behaupten, die erwiesenermassen falsch sind. Und es schadet unserem Miteinander, über politisch Andersdenkende Behauptungen in die Welt setzen, die einem die Nackenhaare sträuben lassen. Ich frage mich, wie unverschämt man sein muss, um den Wahlkampf als Freipass für das Verbreiten von Unwahrheiten zu nutzen. Mich beschäftigen die vielen Leserbriefe und Flyer mit den teilweise absurden, ja verleumderischen Texten sehr. Meiner Meinung nach sollten Personen, die sich in einem Wahlkampf unanständig benehmen und Unwahrheiten in die Welt setzen, nicht wählbar sein. Doch das ist einfacher gesagt, als richtig reagiert. Wie wehrt man sich als diffamierte Person gegen irreführende Behauptungen? Ist ein Leserbrief oder ein Flyer für die Richtigstellung das beste Instrument? Oder reicht das Vertrauen in die kritisch denkenden Mitbürgerinnen und Mitbürger, die unterscheiden können, was wahr und unwahr ist? Ich bin hin- und hergerissen zwischen Schlammschlacht und Sachlichkeit. Ob es Ihnen als Wählerin oder Wähler genauso geht?

Unrecht darf nicht lauter sein als Recht

Im Grunde könnte mir dies alles mehr als egal sein. Die Wahlen betreffen mich nur noch als einen einzigen Wähler unter allen andern. Doch es stimmt mich traurig und ich bin zugleich fuchsteufelswild, wenn ich lesen muss, was über langjährige Behördenmitglieder geschrieben und behauptet wird. Über Menschen, die sich mit aller Kraft, grossem Fachwissen und Engagement für unsere Zukunft eingesetzt haben und dies gerne auch noch weiter tun würden. Auf meinem Tages-Spruchkalender steht heute geschrieben: Unrecht ist lauter als Recht. Ich hoffe fest, dass sich diese Worte in Bezug auf das Wahlergebnis in Küsnacht nicht bewahrheiten und sich die Stimmbevölkerung nicht von Schlagworten blenden lässt.

Was uns nicht umbringt, macht uns stärker

Dieses Nietzsche-Zitat wird häufig als Durchhalte-Parole in Krisensituationen verwendet. Die Vorstellung, an einer Krise zu wachsen, tut gut. Manchmal befürchte ich zwar, dass wir durch die Coronamassnahmen und die Ungewissheit des unsäglichen Krieges in der Ukraine aggressiver und streitsüchtiger geworden sind. Unser Nervenkostüm scheint etwas strapaziert und die Haut etwas dünner geworden zu sein. Doch da müssen wir durch! Beweisen wir dem Leben, dass wir resilient sind, um in meinem emotionalen Text auch noch ein In-Wort zu gebrauchen. Wir haben die Fähigkeit, Krisen zu bewältigen und sie durch unsere persönlichen Ressourcen als Anlass für eine Weiterentwicklung zu nutzen.

Toleranz ist vor allem die Erkenntnis, dass es keinen Sinn hat, sich aufzuregen

Nach den Wahlen werden sich hoffentlich alle auf dem Boden der Realität wiederfinden. Alle gewählten Personen werden sich mit Elan, Freude, Fachwissen, visionären Gedanken, guten Ideen und viel Durchhaltewillen für unsere einmalige Gemeinde einsetzen. Ich persönlich hoffe, dass nicht zu viel Geschirr zerschlagen wurde, so dass sich unsere alten und neuen Gemeinderäte, Schulpfleger, Kommissionmitglieder usw. zusammenraufen können, um sich sachlich den vielen anstehenden Aufgaben in unserem Dorf zu widmen. Am 15. Mai, am Tag der Wahlen, werden wir wissen, wer für die nächsten vier Jahre für die Geschicke unserer Gemeinschaft zuständig ist. Ich wünsche uns allen etwas Grosszügigkeit, Geduld und Toleranz, damit sich die von uns gewählten Behördenmitglieder zu einem starken Team zusammenfinden können. – Ganz bewusst habe ich das Wort zusammenraufen nicht gewählt…

Ich freue mich auf eine spannende Zukunft ausserhalb des «Polit-Ringes» und danke Ihnen für Ihr Vertrauen, das Sie mir die letzten zwölf Jahre geschenkt haben.

Mit einem weinenden und einem lachenden Auge,

Ueli Schlumpf

Ueli Schlumpf, 1. Vizepräsident, Vorsteher Liegenschaften, Gemeinde Küsnacht