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Hombrechtikon
01.04.2024
04.04.2024 14:38 Uhr

Dorfärzte – ein Auslaufmodell?

Die Praxis Eichwis gehört zu den Pionierinnen der Gemeinschaftspraxen. Bild: zvg
Noch zählt die Gemeinde Hombrechtikon mehrere Hausarztpraxen und die medizinische Grundversorgung ist sichergestellt. Doch was geschieht, wenn diese in Pension gehen? Wir haben uns bei den behandelnden Ärzten in Hombrechtikon umgehört.

Letztes Jahr hat der Präsident der Hausärzte vor einem Kollaps der Grundversorgung gewarnt. Man werde bald nicht mehr genügend Ärztinnen und Ärzte haben, um die Bevölkerung zu versorgen. Das betreffe einerseits die Spitäler, andererseits aber vor allem die Praxen, wo auch die Praxisassistentinnen und -assistenten fehlten.

Noch ist es in Hombrechtikon nicht so weit. Die Bevölkerung hat mit der Ärztepraxis Eichwis, Dr. Plangger, Dr. Müller, Dr. Zedler und Dr. Dombi mehrere Ärzte mit verschiedenen medizinischen Fachrichtungen im Dorf.

Praxis mit Pioniercharakter

Die Ärztepraxis Eichwis ist eine Gemeinschaftspraxis. Unter einem Dach arbeiten sieben Ärzte und Ärztinnen, davon vier in der Hausarztmedizin, zwei im Bereich Psychiatrie und einer als spezialisierter Reisemediziner. Dazu auch ein Psychotherapeut, eine Physiotherapeutin und eine Ernährungsberaterin. Medizinische Praxisassistentinnen betreuen die Sprechstunde und führen ebenfalls Untersuchungen durch. Die Patientinnen und Patienten können ihren Hausarzt oder ihre Hausärztin selbst wählen, im Notfall müssen sie allerdings die anwesenden Ärzte akzeptieren.

Diverse Vorteile

«Unsere Gemeinschaftspraxis wurde 1991 von Pionieren gegründet, als dies noch belächelt wurde. Anfangs war es finanziell sehr schwierig, mit den hohen Investitionskosten über die Runden zu kommen. Wir konnten die Ärztepraxis Eichwis aber bis heute in eigenen Händen behalten. Diese Form hat sich sehr bewährt, es ist das Zukunftsmodell», sagt Dr. med. Andrea Angehrn stellvertretend für alle Ärzte in der Gemeinschaftspraxis. Ein solches Modell habe viele Vorteile: «Wir können Teilzeit arbeiten und somit ein normales Arbeitspensum leisten, und nicht 60 und mehr Stunden pro Woche, wie dies in der Einzelpraxis meist der Fall ist.»

Ein grosser Vorteil sei auch der regelmässige fachliche Austausch, der für die Qualität der Betreuung sehr wertvoll sei. Und die Betreuung der Patientinnen und Patienten sei auch während Ferien- oder Fortbildungsabwesenheiten gewährleistet. «Es funktioniert jedoch nur mit echten Teamplayern», so Dr. Angehrn.

Auch die Gemeinschaftspraxis von Dr. Maria Plangger und Dr. Peter Müller hat sich als erfolgreich erwiesen Die beiden Ärzte sehen die Vorteile unter anderem bei der Vertretung. Die Koordination könne aber zuweilen auch eine Herausforderung darstellen, sagen sie offen.

«Wir bilden schlicht zu wenig Ärzte aus, um die Manpower der in den Ruhestand tretenden Hausärzte zu ersetzen.»
Dr. Plangger und Dr. Müller

Fachkräftemangel nicht nur in Randregionen

Der Bedarf an Einzelpraxen sei nach wie vor gross, sagen Plangger und Müller. Es sei darum wichtig, gute Rahmenbedingungen für Hausärzte zu schaffen, auch was den Fachkräftemangel betrifft. Denn dieser existiere keinesfalls nur in Randregionen. «Um die Jahrtausendwende zählte Hombrechtikon noch fünf Hausarztpraxen, drei davon mussten mangels Nachfolge schliessen.»

Eine Einzelpraxis sei mit den heutigen Vorstellungen von Arbeitszeit und Work-Life-Balance schlicht nicht vereinbar. «Es ist nicht nur auf dem Land schwierig, sondern auch in der Stadt Zürich. Unsere dortigen Kollegen suchen genauso. Wir bilden schlicht zu wenig Ärzte aus, um die Manpower der in den Ruhestand tretenden Hausärzte zu ersetzen.» Die Auslastung bei beiden Gemeinschaftspraxen sei hoch und man könne momentan nur bedingt neue Patienten aufnehmen. «Deshalb suchen wir einen weiteren Arzt», erklärt Plangger.

«Uns liegt viel daran, die Gesundheitsversorgung im Dorf attraktiv und nachhaltig zu gestalten.»
Eugen Gossauer, Gemeinderat

Im Interesse der Gemeinde

Eine gute Gesundheitsversorgung in Hombrechtikon ist auch der Gemeinde ein grosses Anliegen. Vor einigen Wochen ist auf Initiative der örtlichen Ärzte ein Projekt mit der Gemeinde angelaufen. Am runden Tisch erörterte man die Situation der Ärzte, wobei insbesondere der Wunsch nach zentralen und bezahlbaren Räumlichkeiten im Fokus stand. Ein weiteres Thema, das diskutiert wurde, betrifft die mögliche Einrichtung eines Ärztezentrums in der Gemeinde.

Eugen Gossauer, Mitglied des Gemeinderats und Vorsteher Ressort Gesellschaft, betonte dabei: «Obwohl die Gemeinde selbst keine geeigneten Immobilien besitzt und daher keinen direkten Einfluss nehmen kann, werden wir darum bemüht sein, mit möglichen Investoren in Kontakt zu treten, um die Frage der Mietkosten anzugehen und abzuklären, ob ein geeignetes Grundstück für die Realisierung eines solchen Zentrums zur Verfügung steht. Dabei sollen auch die Anforderungen und Bedürfnisse berücksichtigt werden, die für ein solches Vorhaben notwendig sind.»

Gabriela Gasser, Redaktion Ährenpost