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Hombrechtikon
13.02.2025
17.02.2025 15:30 Uhr

«Es braucht eine Asyl-Strategie für Menschen in Not, keinen Neubau»

Martin A. Messner ist Mitbegründer und Sprecher der «IG Zukunft Hombi». Bild: who’s who
Ende 2024 hat sich in der Gemeinde eine Interessengemeinschaft formiert, die sich für eine prosperierende Zukunft von Mensch, Natur und Wirtschaft in Hombrechtikon einsetzen will. Auslöser für die Gründung der IG Zukunft Hombi war der vom Gemeinderat geplante Asyl-Pavillon in Feldbach. Die «Ährenpost» hat den Mitbegründer und Sprecher der IG zum Gespräch getroffen.

An der Gemeindeversammlung im Dezember 2024 haben Sie mit Ihrem Antrag dafür gesorgt, dass das Budget für den Bau des Asyl-Pavillons um die Hälfte reduziert wurde. Der Gemeinderat zeigte sich davon aber wenig beeindruckt. Der für den Pavillon zuständige Gemeinderat meinte, dass dies keinen Einfluss auf den Bau habe und man unabhängig davon weiterplane. Das hat viele Stimmbürger irritiert. Sie auch?

Martin Messner: Enorm! Für mich unverständlich, wie man den Volkswillen ignorieren und ein an der Gemeindeversammlung verabschiedetes Budget übergehen kann.

Kurz vor Weihnachten kam dann überraschend die Meldung des Gemeinderats, dass er die für den 9. Februar geplante Abstimmung absagt. Er will durch die Verschiebung «Raum für vertiefte Klärungen und mehr Mitwirkung der Bevölkerung» schaffen. Haben Sie sich darüber gefreut?

Von Freude kann keine Rede sein. Es bekräftigt uns vielmehr in unserer Meinung, dass das Projekt an der Bevölkerung und anderen Anspruchsgruppen vorbeigeplant wurde. Die Bevölkerung wusste nichts von den Asyl-Pavillon-Plänen, vor allem nachdem im Juni 2024 an der Gemeindeversammlung beschlosssen worden war, die Liegenschaft Oetwilerstrasse 30 für Asylsuchende zu kaufen.

Hand aufs Herz: Sie und die Mitbegründer der IG Zukunft Hombi leben alle in Feldbach. Wollen Sie einfach keine Asylsuchenden in Feldbach?

Ganz im Gegenteil. Die Feldbacher sind – wie die Hombrechtiker – weltoffene und hilfsbereite Menschen. Es geht darum, dass mit dem Bau des Asyl-Pavillons in Feldbach keines der anstehenden Probleme wie z. B. die Integration gelöst, sondern vielmehr neue geschaffen werden. Auch leuchtet uns nicht ein, dass ein zonenfremder Bau in der bundesweiten ISOS-Schutzzone inmitten der intakten Natur von Feldbach gebaut werden soll.

«Die Standortanalyse und deren Kriterien werfen Fragen auf.»
Martin A. Messner

Der Gemeinderat hat eine Standortanalyse durchgeführt, bei der zehn Standorte untersucht wurden. Feldbach erzielte am meisten Punkte.

Die Standortanalyse und deren Kriterien und Gewichtungen werfen bei genauerer Betrachtung viele Fragen auf. Wichtige Punkte wie zum Beispiel die Integration fehlen. Mit der heutigen durch Externe erstellten Bewertung erhalten Feldbach und die Zentrumsprojekte etwa gleich viele Punkte. 

Die IG ist nicht nur gegen die hohen Baukosten, sondern hinterfragt das ganze Bau-Projekt. Warum?

Mit dem Bau eines kompakten Pavillons, in dem 60 Personen untergebracht werden sollen, ist es nicht getan. Im vom Zentrum abgelegenen Feldbach, wo ausreichend Schulraum und Einkaufsmöglichkeiten sogar ganz fehlen, ist die so wichtige Integration der Menschen in die Gemeinde Hombrechtikon nicht möglich. Zudem ist die Betreuung vom Dorfzentrum Hombrechtikon aus durch die Gemeindeangestellten umständlich.

Der geplante Asyl-Pavillon wird den Ansprüchen an eine flexible, der Asylsituation von heute und morgen angepasste Unterbringung und Betreuung von Menschen in Not sowie ihrer Integration nicht gerecht. Wir sind überzeugt, dass Hombrechtikon klare strategische Zielsetzungen braucht, welche die Basis bilden müssen für alle Entscheidungen zu diesem Thema. Es geht um so viel mehr als nur um Unterbringung. Wir wollen kein überteuertes Bauprojekt, wir wollen eine Strategie und den unmittelbaren Bedarf durch Temporärbauten lösen.

«Hinter dem Gemeindehaus könnten mit einem Temporärbau problemlos 20 bis 30 Personen untergebracht werden.»

Sie haben einen Alternativ-Vorschlag ausgearbeitet. Wie sieht er aus?

Unser Alternativ-Vorschlag basiert auf einem zeitlich gestaffelten 3-Phasen-Plan, der sowohl die Unterbringung als auch die Betreuung und Integration für alle Menschen in Not umfasst. Dazu gehören neben Geflüchteten und Asylsuchenden auch sozial bedürftige Menschen von hier.

In einer ersten Phase erachten wir einen flexiblen Temporärbau als zielführender als einen starren, überteuerten Neubau. Ein solcher modularer Temporärbau könnte in Zentrumsnähe von Hombrechtikon realisiert werden, nahe bei Betreuung, Schule, Einkaufsmöglichkeiten, ÖV usw. Denkbar wäre

z. B. die Wiese hinter dem Gemeindehaus, wo problemlos 20 bis 30 Personen in einem «temporären Dörfli» untergebracht werden könnten. Die Betreuung durch das Gemeindepersonal wäre so wesentlich einfacher. Ein solches Dörfli-Konzept mit modulartigen Bauten bietet zudem die Möglichkeit, auf Nationalitäten, Kulturen, Religionen usw. Rücksicht zu nehmen. Die Module sind zeitnah verfügbar und können im Budgetrahmen von 2,5 Mio. Franken umgesetzt werden. Geplant wären gemäss Budgetrahmen eine bis zwei Millionen Franken für den Temporärbau sowie 0,5 bis 1 Mio. Franken für die Strategie-Umsetzung.

Haben Sie Erfahrung mit solchen Bauten?

Ich habe in meiner beruflichen Karriere, unter anderem als CEO bei der Nüssli AG, einer Spezialistin für temporäre Bauten, mehr als 200 solcher Projekte realisiert.

Sind mit Temporärbauten Containeranlagen gemeint?

Nein. Für Hombrechtikon sehen wir höherwertige Kleinhäuser mit Holzverkleidung und Giebeldächern.

Die IG Zukunft Hombi hat dem Gemeinderat noch vor der Dezember-Versammlung ihren Alternativ-Vorschlag persönlich präsentiert. Was sagt er dazu?

Man hat unseren Vorschlag zur Kenntnis genommen. Leider haben wir bis heute keine Antwort auf unseren Vorschlag erhalten.

Der Gemeinderat will ja nun die Bevölkerung stärker einbeziehen … 

Wir nehmen den Gemeinderat beim Wort. Wir erwarten, dass er nun aktiv neben der Bevölkerung auch andere Anspruchsgruppen wie die Parteien, die IG Zukunft Hombi usw. in den Dialog miteinbezieht. Wir haben dem Gemeinderat mit unserem flexiblen und kosteneffizienten Alternativ-Vorschlag die Hand gereicht und sind interessiert, aktiv einen Beitrag für eine nachhaltige, sinnvolle Asyl-Strategie und deren Umsetzung zu leisten.

IG Zukunft Hombi

Die neu gegründete IG Zukunft Hombi will, in enger Zusammenarbeit mit den Gemeindebehörden, durch persönliches Engagement und die aktive Mitarbeit bei Projekten einen relevanten Beitrag leisten für eine positive Entwicklung von Hombrechtikon und seiner Weiler. Die IG strebt einen aktiven Dialog an und möchte dabei auch eng mit Gewerbe, Vereinen und mit der Gemeindeführung über Parteigrenzen hinaus zusammenarbeiten.

zukunft-hombi.ch

Barbara Tudor, Ährenpost