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Hombrechtikon
15.02.2025
17.02.2025 06:40 Uhr

Asyl-Pavillon: «Der Fokus liegt auf einer stärkeren Partizipation»

Gemeinderat Eugen Gossauer im Interview zum Thema Asylpavillon in Feldbach. Bild: Schiesser Architektur und Bauingenieur AG/Gemeinde Hombrechtikon
Der Gemeinderat Hombrechtikon hat kurzfristig entschieden, die Abstimmung über den geplanten Asyl-Pavillon in Feldbach zu verschieben. Gemeinderat Eugen Gossauer nimmt im Interview mit der «Ährenpost» Stellung.

Im Oktober 2024 informierte der Gemeinderat überraschend, dass er in Feldbach einen Asyl-Pavillon plant und eine Urnenabstimmung für das Bauprojekt für den 9. Februar angesetzt hat. Zuvor hatten die Stimmberechtigten nie von diesen kostenintensiven Plänen gehört. Warum nicht?

Eugen Gossauer: In den Unterlagen der Gemeindeversammlung vom 19. Juni 2024 sowie während der Versammlung selbst, in der es um die Sanierung der Oetwilerstrasse 30 ging, wurde bereits auf den steigenden Bedarf an Wohnraum für Asylsuchende hingewiesen. Ende Januar 2024 wurde bekannt gegeben, dass die Aufnahmequote ab dem 1. Juli 2024 auf 1,6 Prozentpunkte steigt, was die zusätzliche Unterbringung von Asylsuchenden erforderlich macht.

Zudem fallen nach sieben Jahren weiterhin Personen aus dem Asylkontingent, die weiterhin Unterkunft benötigen. Die auch in den Gemeindeversammlungsunterlagen erwähnte Asylwohnungsstrategie verfolgt das Ziel, den Anteil an gemeindeeigenem Wohnraum zu erhöhen, um den Betreuungsaufwand zu senken und teurere Mietwohnungen zu vermeiden. Der Markt für Mietwohnungen im unteren Preissegment ist jedoch weitgehend erschöpft. Vor diesem Hintergrund strebt die Gemeinde an, zusätzlichen Wohnraum zu schaffen, ohne bestehenden Wohnraum zu verlieren. Daher wurde der Asyl-Pavillon auch ohne grosse Partizipation geplant, da der dringende Bedarf schnelles Handeln erforderte.

Mit der Erhöhung des Asylkontingents auf 1,6% ab dem 1. Juli 2024 hat sich der Bedarf weiter erhöht. Bisher wurden zusätzlich zu den gemeindeeigenen Liegenschaften auch günstige Mietwohnungen angemietet, um den Bedarf zu decken. Angesichts der zunehmenden Wohnungsknappheit steht jedoch immer weniger günstiger Wohnraum zur Verfügung. Zudem ist es aus Sicht der Fairness gegenüber der Bevölkerung problematisch, wenn die Gemeinde in grösserem Umfang günstige Mietwohnungen anmietet.

Wurden im Vorfeld alternative Unterbringungsmöglichkeiten geprüft?

Die Abteilung Gesellschaft und der Bereich Liegenschaften pflegen enge Beziehungen zu verschiedenen Liegenschaftsverwaltungen sowie privaten Vermietern. In der Vergangenheit kam es auch vor, dass uns Wohnraum angeboten wurde.

Viele Feldbacher fühlten sich durch diese Vorgehensweise überrumpelt und vor den Kopf gestossen. Der kleine Weiler soll den Grossteil der Geflüchteten beherbergen. Was sagen Sie dazu?

Die Entscheidung, diesen Standort zu wählen, basiert auf einer gründlichen Standortanalyse, die ergeben hat, dass dieser Platz am besten geeignet ist, um die erforderliche Unterbringung für die Geflüchteten zu ermöglichen. Alle relevanten Faktoren wurden dabei berücksichtigt, um eine möglichst nachhaltige und effiziente Lösung zu finden.

Für Feldbach soll gemäss Analyse die zentrale Lage sprechen. Der geplante Ort scheint aber alles andere als zentral. Weder Einkaufsmöglichkeiten noch ausreichend Schulen sind in Gehdistanz erreichbar, und auch der ÖV liegt doch eher weit weg.

Die genannten Aspekte, wie die Entfernung zu Einkaufsmöglichkeiten, Schulen und öffentlichen Verkehrsmitteln, wurden in der Planung sorgfältig berücksichtigt. Auch wenn der Standort nicht im unmittelbaren Zentrum liegt, sind diese Einrichtungen in einer zumutbaren Gehdistanz erreichbar. Die Vorteile des Standorts, insbesondere die Verfügbarkeit von geeignetem Wohnraum, überwiegen die genannten Herausforderungen.

Viele Feldbacher kritisierten, dass die Standortanalyse von einer Firma gemacht wurde, welche die Gegebenheiten von Hombrechtikon und Feldbach gar nicht kenne. Was sagen Sie dazu?

Das Unternehmen, das die Standortanalyse erstellt hat, ist mit der Gemeinde Hombrechtikon bestens vertraut und hat durch frühere Aufträge in der Region fundierte Kenntnisse über die örtlichen Gegebenheiten.

An der letzten Gemeindeversammlung wurde das Budget für den Bau des geplanten Asyl-Pavillons um die Hälfte gekürzt. Dennoch hält der Gemeinderat am Bauprojekt fest und plant weiter. Das führte schon während der Versammlung und auch im Nachgang zu Verwirrung bei den Stimmberechtigten. Können Sie erklären, wieso die Gemeinde trotz halbiertem Budget weiterplant?

Dieser Entscheid hat zu Unstimmigkeiten geführt. So bildet das Budget der Gemeinde nun nicht mehr ab, was der Gemeinderat plante. Juristisch und politisch hat das aber keine Konsequenzen. Der Bau einer Asylunterkunft erfordert aufgrund der finanziellen Kompetenzen einen entsprechenden Volksentscheid, welcher gegenüber dem Budget Vorrang hat.

«Der Gemeinderat will Raum für vertiefte Klärung und die Partizipation der Bevölkerung noch stärker fördern. »
Eugen Gossauer, Ressortvorstand Gesellschaft

Am 20. Dezember entschied der Gemeinderat dann doch, die Urnenabstimmung abzusagen. Was führte zu der Kehrtwende?

Der Gemeinderat will Raum für vertiefte Klärung und die Partizipation der Bevölkerung noch stärker fördern. Dieser zusätzliche Austausch soll eine fundierte Entscheidungsgrundlage schaffen und die Akzeptanz des Projekts in der Bevölkerung erhöhen.

Ist der Asyl-Pavillon in Feldbach vom Tisch oder einfach nur auf den Abstimmungsmonat Mai verschoben?

Nein, der Bedarf besteht weiterhin. Das Projekt wird jedoch sorgfältig überarbeitet und neu geplant, mit besonderem Fokus auf eine stärkere Partizipation. Die Abstimmung wird nicht im Mai stattfinden.

Im November formierte sich die IG Zukunft Hombi, die den Bau des Asyl-Pavillons kritisiert. Sie bemängelt vor allem, dass der Gemeinde Hombrechtikon eine Strategie zur Betreuung, Integration und Unterbringung von Menschen in Not fehle. Was sagen Sie dazu?

Dass die Gemeinde Hombrechtikon keine Strategie zur beruflichen und sozialen Integration von geflüchteten Menschen habe, stimmt nicht. Für die Betreuung und Integration der geflüchteten Personen ist die Asylkoordination Hombrechtikon zuständig. Alle erwerbsfähigen Personen sind in beruflichen Integrationsmassnahmen eingebunden, seien dies Deutschkurse, Beschäftigungsprogramme oder Jobcoaching. Dies ist eine gesetzliche Vorgabe der Integrationsagenda des Kantons Zürich.

Für die soziale Integration arbeitet die Asylkoordination mit der Koordinationsstelle für Freiwillige der Lokalen Agenda 21 zusammen. Als Beispiel wird Kindern von geflüchteten Personen einm Hobby ermöglicht. Somit haben sie die Möglichkeit, z. B. in einem Fussballverein teilzunehmen. Die schulfähigen Kinder besuchen die Regelklasse und sind somit in die Gemeinschaft eingebunden. Wir vernetzen Eltern mit kleineren Kindern unter anderem mit dem Familienzentrum, dem Café International etc. Auf die soziale und berufliche Integration wird seit Jahren grosser Wert gelegt und sie wird gefördert. Die Asylkoordination ist Ansprechstelle für die geflüchteten Personen, aber auch für Vermietende und Nachbarn.

Die IG Zukunft Hombi präsentierte dem Gemeinderat ihren Alternativ-Vorschlag im Vorfeld zur Gemeindeversammlung und hat ihre Unterstützung in der Sache angeboten. Die IG orientierte auch an der Gemeindeversammlung. Was sagen Sie zum Vorschlag?

Wie bereits erwähnt, wird das Projekt neu aufgesetzt, wobei der Fokus insbesondere auf einer stärkeren Partizipation liegt.

Inwieweit will der Gemeinderat auch die Parteien einbeziehen?

Wie gesagt: Wir wollen Raum für vertiefte Klärung und die Partizipation mit der Bevölkerung noch stärker fördern.

Was ist der aktuelle Stand bzw. was sind die nächsten Schritte in dieser Angelegenheit?

Ein neues Konzept wird ausgearbeitet, das den Schwerpunkt auf eine umfassende Partizipation legt. Dabei wird das Projekt unter Berücksichtigung der bisherigen Erfahrungen neu geplant und strukturiert.

Barbara Tudor