Der Seerettungsdienst (SRD) in der Gemeinde Erlenbach wird seit Oktober 2024 durch den Seerettungsdienst-Verbund der Gemeinden Horgen, Oberrieden, Thalwil und Herrliberg bestellt. Gleichzeitig hat Erlenbach um die formelle Aufnahme in den Anschlussvertrag per Januar 2025 ersucht. Die Entscheidung des Gemeinderats Erlenbach, die langjährige Zusammenarbeit mit der Gemeinde Küsnacht im Rahmen des SRD Küsnacht-Erlenbach zu kündigen, hat mediale Aufmerksamkeit und eine Petition aus der Bürgerschaft ausgelöst. Der Gemeinderat anerkennt das Bedürfnis der Bevölkerung, über die verschiedenen Aspekte, welche ihn zu diesem Schritt bewogen haben, ausführlich und klar zu informieren und möchte diesem Begehren hiermit nachkommen.
So kam Seerettungsdienst-Entscheid zustande, Teil 2

Goldküste24 publiziert die detailreiche Stellungnahme in vier Teilen. Heute Teil 2 über die Grundsatzanalyse des SRD im Februar 2019, die Abklärung von Alternativen und Gespräche mit Küsnacht ebenfalls im Jahr 2019.
Video-Interview mit dem Erlenbacher Gemeindepräsidenten Philippe Zehnder über den Seerettungsdienst.
Grundsatzanalyse des SRD im Februar 2019
Im Februar 2019 befasste sich der Gemeinderat in einer Grundsatzdiskussion mit dem Seerettungsdienst. Ausschlaggebend für die Diskussion waren zum einen die angewachsenen Kosten des SRD Küsnacht-Erlenbach. Diese betrugen im Durchschnitt der Jahre 2014-2017 rund 74'000 Franken pro Jahr. Zum anderen gewährt der gültige Vertrag der Gemeinde Erlenbach weder ein Beteiligungs- noch ein Mitspracherecht. Die Führung des Seerettungsdienstes obliegt alleine dem Gemeinderat Küsnacht. Grundlage der Diskussion bildete ein Quervergleich aller zürcherischen Seerettungsdienste auf dem Zürichsee.

Der Zürichsee wird im Kanton Zürich von sechs Seerettungsdiensten betreut (siehe Karte oben). Die Stadt Zürich hat keinen eigenen Seerettungsdienst. Dort wird der SRD im Sinne einer Ausnahme von der Wasserschutzpolizei der Stadt Zürich wahrgenommen. Hombrechtikon hat seinen Seerettungsdienst an den SRD Rapperswil ausgelagert.
Alle sechs SRDs haben vergleichbare Mittel und Mannschaftsbestände. Es kann deshalb davon ausgegangen werden, dass auch die jährlichen Kosten der Korps etwa gleich gross sein sollten. Auffallend ist aber, dass die Einsatzgebiete der sechs Korps sehr unterschiedlich gross sind und sich die Kosten dadurch auf die Uferlänge und die Seefläche indirekt proportional verhalten (siehe nachfolgende Tabelle).

Der Seerettungsdienst Küsnacht überwacht ein Einsatzgebiet mit einer Uferlänge von 5.05 km und einer Seefläche von 4.2 km². Im Vergleich zu anderen Seerettungsdiensten ist das Einsatzgebiet von Küsnacht im Verhältnis zu seinen Mitteln eher klein, was am Schluss auch die relativ hohen Kosten für Erlenbach erklärt.
Aus der Analyse klar ersichtlich wurde auch, dass der SRD-Verbund Horgen einen etwa gleich grossen Rettungsdienst für heute vier Gemeinden mit einer gesamten Uferlänge von 9.55 km und einer Seefläche von 9.6 km² betreibt. Er ist zudem für die Nachbargemeinde Herrliberg zuständig. Der SRD Horgen ist als Verbund organisiert, wo jedem Mitglied ein volles Mitspracherecht garantiert wird. Die Geschäftsleitung obliegt einem Ausschuss, in welchem die Sicherheitsvorstände der jeweiligen Gemeinden vertreten sind, und alle Entscheidungen, welche gemäss den Gemeindeordnungen den jeweiligen Gemeindegremien obliegen, bedürfen einer Zustimmung aller Vertragsgemeinden.
Abklärung von Alternativen und Gespräche mit Küsnacht, 2019
Ausgehend von dieser Grundsatzanalyse erteilte der Gemeinderat dem damaligen Sicherheitsvorstand und heutigen Gemeindepräsidenten Philippe Zehnder im Februar 2019 ein Verhandlungsmandat zur näheren Abklärung des Sachverhalts. Mit dem SRD-Verbund Horgen sollte Kontakt aufgenommen werden, um die Bedingungen eines möglichen Beitritts zum Verbund zu klären, sodass anschliessend Neuverhandlungen mit Küsnacht aufgenommen werden könnten. Küsnacht wurde über diese Absichten informiert.
Eine verbindliche Zusage über die Bedingungen eines möglichen Beitritts zum SRD-Verbund Horgen lag dem Gemeinderat im Juli 2019 vor. Die Verbundsgemeinden zeigten sich darin bereit, Erlenbach als vollwertiges Mitglied aufzunehmen und ihm ein formelles Mitspracherecht zu gewähren. Im Falle eines Beitritts würde das Logo um das Erlenbacher Wappen ergänzt.
Beim SRD-Verbunds Horgen werden die Betriebskosten in erster Linie über die kantonalen Bootssteuern finanziert. Die durch die Bootssteuer nicht gedeckten Kosten von durchschnittlich rund 55'000 Franken pro Jahr werden den Verbundsgemeinden in Rechnung gestellt. Hiervon hätte Erlenbach einen Siebtel, also rund 7'800 Franken, zu tragen und zudem müsste die Gemeinde die kantonale Bootssteuer von rund 20'000 Franken dem SRD-Verbund Horgen überlassen.
Demgegenüber stehen Kosten von rund 225'000 Franken beim SRD Küsnacht, von denen Erlenbach einen Drittel zu tragen hat, also rund 75'000 Franken jährlich. Allerdings besteht beim SRD Küsnacht die Möglichkeit für Erlenbacher, als Seeretter im Einsatz zu stehen. Im Jahr 2019 kamen drei von 23 Seeretter aus Erlenbach, im Jahr 2024 ist es ein Seeretter. Diese Möglichkeit besteht aus betrieblichen Gründen beim SRD-Verbund Horgen nicht.
Der Gemeinderat beurteilte im Juli 2019 die ökonomischen Beweggründe für einen Wechsel als gegeben, befand indes, dass rein monetäre Zielsetzungen nicht den Ausschlag geben sollten. Die Tradition und langjährige Partnerschaft gelte es ebenfalls zu berücksichtigen und ein Gespräch mit den Verantwortlichen der Gemeinde Küsnacht zu suchen. Der Dialog sollte im Vordergrund stehen und neben den harten, ökonomischen Faktoren sollten auch Kameradschaft, Mitspracherecht und Mitgliedschaftsmöglichkeiten berücksichtigt werden. Der Sicherheitsvorstand wurde mit dem Auftrag betraut, ohne zeitlichen Druck weitere Gespräche mit der Gemeinde Küsnacht zu führen.
Lesen Sie morgen in Teil 3, welche Rolle die Sanierung des Küsnachter Seerettergebäudes spielte und wie 2023 eine Neubeurteilung vorgenommen wurde.