Der Seerettungsdienst (SRD) in der Gemeinde Erlenbach wird seit Oktober 2024 durch den Seerettungsdienst-Verbund der Gemeinden Horgen, Oberrieden, Thalwil und Herrliberg bestellt. Gleichzeitig hat Erlenbach um die formelle Aufnahme in den Anschlussvertrag per Januar 2025 ersucht. Die Entscheidung des Gemeinderats Erlenbach, die langjährige Zusammenarbeit mit der Gemeinde Küsnacht im Rahmen des SRD Küsnacht-Erlenbach zu kündigen, hat mediale Aufmerksamkeit und eine Petition aus der Bürgerschaft ausgelöst. Der Gemeinderat anerkennt das Bedürfnis der Bevölkerung, über die verschiedenen Aspekte, welche ihn zu diesem Schritt bewogen haben, ausführlich und klar zu informieren und möchte diesem Begehren hiermit nachkommen.
So kam Seerettungsdienst-Entscheid zustande, Teil 3

Goldküste24 publiziert die detailreiche Stellungnahme in vier Teilen. Heute Teil 3 über die Sanierung des Küsnachter Seerettergebäudes und die Neubeurteilung im Jahr 2023, die in den Entscheid mündete.
Video-Interview mit dem Erlenbacher Gemeindepräsidenten Philippe Zehnder über den Seerettungsdienst.
Sanierung des Seerettergebäudes in Küsnacht, 2021-2023
Im Januar 2021 wurde der Sicherheitsvorstand Erlenbachs zu einem Gespräch über die Sanierung des Seerettergebäudes in Küsnacht eingeladen. Das Gebäude hatte nach 40 Jahren den Lebenszyklus erreicht und musste saniert werden. Das Gespräch diente dazu, die grundsätzliche Bereitschaft Erlenbachs für die Beteiligung an den Kosten von geschätzten 1,8 Mio. Franken zu eruieren. Der Erlenbacher Sicherheitsvorstand gab dabei zu Protokoll, dass sich die Gemeinde vertragsgemäss an den Kosten mit einem Drittel beteiligen würde, sofern diese in Form von zusätzlichen Betriebskosten über die Abschreibungsdauer von zwanzig Jahren den Betriebsrechnungen belastet würden. Ebenso wurde zu Protokoll gegeben, dass Erlenbach die 1,8 Mio. Franken als zu hoch erachtete. Es wurde vereinbart, eine entsprechende Vereinbarung zwischen den beiden Gemeinden aufzusetzen, in welcher die Details rechtsverbindlich geklärt werden.
Ein Vorschlag dieser Vereinbarung wurde dem Erlenbacher Sicherheitsvorstand im Juni 2022 vorgelegt. Dieser Vorschlag entsprach aber in einigen Punkten nicht der Besprechung vom Januar 2021. Hauptproblem war dabei, dass die vorgeschlagene finanzielle Lösung finanzrechtlich nicht umsetzbar war. Zusätzlich war die 20-jährige Vertragsdauer für Erlenbach nicht akzeptabel. Denn das Seerettergebäude befindet sich im Liegenschaftenportfolio der Gemeinde Küsnacht und Erlenbach kann sich finanztechnisch nicht an den Abschreibungen der Liegenschaft einer anderen Gemeinde beteiligen. Aus Erlenbacher Sicht handelt es sich vielmehr um eine Mehrausgabe im Sinne einer zusätzlichen Gebäudemiete von 30'000 Franken/Jahr und es wären jährliche Gesamtkosten von über 100'000 Franken angefallen. Die Gemeinde Küsnacht beabsichtigte zudem, die Gemeinde Erlenbach zu verpflichten, bei einem vorzeitigen Austritt ihren gesamten Anteil der Abschreibungskosten zu übernehmen. Auf diese Verpflichtung ist die Gemeinde Erlenbach nicht eingetreten; Erlenbach hielt an der Kündigungsbedingung des Vertrags aus dem Jahre 1944 fest.
Trotz fehlender Vereinbarung mit Erlenbach beschloss der Gemeinderat Küsnacht im Juli 2023 die Sanierung des Seerettergebäudes mit Gesamtkosten von 1,88 Mio. Franken. Wie der Gemeinderat Küsnacht festhielt, könne aufgrund der Dringlichkeit der Sanierung mit der Ausführung der Sanierungsarbeiten nicht zugewartet werden, bis die vertraglichen Beziehungen mit der Gemeinde Erlenbach geklärt seien. Vielmehr wurde die Abteilung Tiefbau und Sicherheit der Gemeinde Küsnacht vom Küsnachter Gemeinderat beauftragt, mit der Gemeinde Erlenbach erneute Verhandlungen über eine weitere Beteiligung am Seerettungsdienst und an den Kosten zu führen. Konkret wurde der Gemeinderat Erlenbach eingeladen, seine Anforderungen an die Modalitäten und Mitspracherechte in Bezug auf den Seerettungsdienst im Allgemeinen und die Kostenbeteiligung an den Sanierungsarbeiten im Speziellen zu definieren.
Neubeurteilung durch den Gemeinderat, 2023
Der Gemeinderat Erlenbach befasste sich im August 2023 deshalb erneut mit dem Seerettungsdienst. Der Gemeinderat war dabei der Meinung, dass der Betriebskostenanteil der Gemeinde Erlenbach für den Seerettungsdienst überdurchschnittlich hoch sei. Der Sicherheitsvorstand Erlenbachs hatte dies bereits in Gesprächen mit Küsnacht thematisiert und mehrmals darauf hingewiesen, dass die Kostenentwicklung sehr besorgniserregend sei und deshalb eventuell eine Fusion mit Zollikon anzustreben wäre. Zudem wurde vorgeschlagen, die nicht gesetzlich notwendigen Dienstleistungen (z.B. Tauchergruppe) so bald als möglich einzustellen. Ebenfalls wurde Küsnacht darauf hingewiesen, dass die Reparaturkosten des Rettungsschiffs Tina in den letzten Jahren markant angestiegen seien. Ein neuer Motor ist für 2025/2026 vorgesehen, was weitere Kosten verursachen werde. Der Gemeinderat befürchtete, dass ohne strukturelle Sparmassnahmen die Kosten weiter ansteigen werden. Auf diese Vorschläge war Küsnacht nicht eingegangen.
Der Gemeinderat befand im August 2023, dass der Vertragsinhalt nicht mehr zeitgemäss und eine partnerschaftliche Zusammenarbeit unter diesen Umständen nicht gewährleistet sei. Geografische, betriebswirtschaftliche und sicherheitstechnische Aspekte seien bei Auswahl einer optimalen Lösung entscheidend. Er formulierte seine Bedingungen an eine weitere Zusammenarbeit mit der Gemeinde Küsnacht im Bereich der Seerettung. Diese beinhalteten neben einem jährlichen Kündigungsrecht und einem Maximalbetriebsbeitrag von 40'000 Franken (inkl. Nachbarschaftsbonus) den Abschluss eines reinen Dienstleistungsvertrags als Form der künftigen Zusammenarbeit. Entsprechende Verhandlungen sollten mit der Gemeinde Küsnacht aufgenommen und bis Ende 2023 in Form eines neuen Vertrags finalisiert werden.
Gleichzeitig entschied der Gemeinderat Erlenbach, den bestehenden Vertrag aus dem Jahr 1944 zu kündigen. Dieser Schritt war rechtlich notwendig geworden, weil sich der Vertrag sonst im September 2024 automatisch um fünf Jahre verlängert hätte und Erlenbach dann keine Entscheidungsfreiheit mehr gehabt hätte. Ebenfalls entschied der Gemeinderat, um einen Beitritt zum SRD-Verbund Horgen zu ersuchen, sofern mit Küsnacht keine Einigung gefunden werden konnte.
Aufgrund der Neukonstituierung des Gemeinderats Küsnacht nahm die Vorlage eines revidierten Angebots Küsnachts für den SRD mehr Zeit in Anspruch. Daher ging erst im Juli 2024 der Vorschlag Küsnachts für eine Weiterführung der Zusammenarbeit ein. Dieser entsprach in mehreren Punkten nicht den Vorstellungen des Gemeinderats und eine verlangte Nachbesserung wurde ausgeschlagen. Im Wesentlichen beinhaltete der Vorschlag Küsnachts eine Weiterführung der bisherigen Regelung mit einem neuen Kostenteiler, womit sich der Anteil Erlenbachs auf 74'000 Franken im Jahr belaufen hätte und erstmals nach 20 Jahren kündbar gewesen wäre. Die Abschreibung des Seerettungsgebäudes wäre darin inkludiert gewesen. Zusätzlich hätte Erlenbach Mitspracherechte bekommen, die jedoch im Rahmen des Vorschlags nicht konkretisiert wurden.
Gleichzeitig mit dem Vorschlag Küsnachts befasste sich der Gemeinderat Erlenbach im September 2024 auch mit den Rahmenbedingungen eines Anschlusses an den SRD-Verbund Horgen. Dieser war nach dem Gemeinderatsbeschluss vom Jahr 2023 aktualisiert worden. Er sah Initialkosten Erlenbachs von 20'000 Franken für die Neubeschriftung der Uniformen, des Materials und die Neugestaltung des Logos sowie eine jährliche Beteiligung von einem Siebtel an den Betriebskosten vor. Basierend auf den Kosten der vergangenen Jahre entspricht dies einem Betriebskostenbeitrag Erlenbachs von rund 30'000 Franken im Jahr (20'000 Franken kantonale Bootssteuer plus 10'000 Franken direkte Kosten). Erlenbach wird Mitglied des Steuerungsausschusses und hat somit volle Mitspracherechte und bei Entscheidungen, welche die Gemeindeordnung in die Hände der jeweiligen Behördenorgane legt, gilt das Einstimmigkeitsprinzip. Die Hoheit bleibt also bei den einzelnen Gemeinden. Zudem ist der Vertrag jährlich kündbar.
Somit stellt der Anschluss an den SRD-Verbund Horgen das deutlich günstigere und attraktivere Angebot dar. Zudem kann der See und das Ufer von Erlenbach vom SRD-Standort Horgen aus besser eingesehen und überwacht werden als vom SRD-Standort Küsnacht. Die Sicherheit ist dabei stets gewährleistet, wie auch die Tatsache beweist, dass der SRD-Verbund Horgen die Seerettung bereits in der Nachbargemeinde Herrliberg wahrnimmt.
Entsprechend entschied der Gemeinderat, dem SRD-Verbund Horgen ein Beitrittsgesuch zu stellen. In Form einer Übergangslösung übernahm der SRD-Verbund Horgen bereits ab Oktober 2024 die Seerettung auf dem Gebiet der Gemeinde Erlenbach. Eine entsprechende Vereinbarung wurde von allen Verbundsgemeinden unterzeichnet, die definitive Aufnahme erfolgt nach Vorliegen des neuen Verbundsvertrages und nach Anpassung der Reglemente und muss von allen Gemeinden mit entsprechenden Gemeinderatsbeschlüssen verabschiedet werden. Die definitive Aufnahme ist für Januar 2025 vorgesehen.
Lesen Sie morgen im abschliessenden Teil 4 über die Zuständigkeit des Gemeinderats und die Gründe, weswegen die Erlenbacher Stimmberechtigten weder an der Urne noch an der Gemeindeversammlung über den Wechsel entscheiden können.